Olaf Scholz, liefern Sie der Ukraine alle nötigen Waffen!

Zum Start des SPD-Bundesparteitags am 8.12. ist im Berliner „Tagesspiegel“ ein Offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz erschienen: „Schützen Sie Europa. Stoppen Sie den Moskauer Brandstifter. Liefern Sie der Ukraine alle benötigten Waffen. Jetzt.“ Zu den Erstunterzeichnern zählen u.a. Marianne Birthler, Roderich Kiesewetter und Lukas Beckmann. Die vollständige Liste der Erstunterzeichner, zu denen auch ich gehöre, findet sich am Ende des Textes. Weitere Unterstützer – mittlerweile sind es bereits ca. 1000 – sind willkommen (Hier können Sie unterzeichnen: Jetzt unterzeichnen! – Protect Europe! (protect-europe.eu)). Im Folgenden der volle Wortlaut des Offenen Briefs:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

wir haben den Eindruck, dass Ihre Politik dazu beiträgt, unser Land und ganz Europa einer sehr ernsten Gefahr auszusetzen: der Gefahr, von der Russischen Föderation destabilisiert und dauerhaft entdemokratisiert zu werden.

Die im Mai d.J. von der Ukraine dringend erbetene Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern haben Sie gegen den Rat erfahrener Militärexperten und einer entgegenstehenden Praxis unserer wichtigsten Verbündeten zum Trotz abgelehnt. Die ukrainische Gegenoffensive steckt inzwischen in einer schwierigen Phase. Russland ist mit Hilfe von Terrorregimen wie Iran und Nordkorea augenscheinlich in der Lage, seine Streitkräfte kontinuierlich mit Waffen und Munition in großer Menge zu versorgen.

Doch längst geht es nicht mehr „nur“ um die Ukraine. Längst ist augenfällig geworden, dass die Zahl der Brandherde seit etwa 15 Jahren in einem östlichen Halbkreis rund um Europa wächst. Und dass es auch nicht den kleinsten Zweifel gibt, wer der Brandstifter ist:

  • 2008 marschieren russische Truppen in Georgien ein und besetzen Teile des Landes.
  • 2011 beginnt der Bürgerkrieg in Syrien, in den Russland auf Seiten des Assad-Regimes mit barbarischer Grausamkeit eingreift.
  • 2014 annektiert Russland die Krim und beginnt den Krieg im Donbass.
  • Seit Jahren schleust Russland über das ihm hörige Lukaschenko-Regime Migranten in die Europäische Union, um Konflikte zwischen Mitgliedstaaten anzuheizen und europakritische Parteienzu stärken.
  • 2022 überfällt Russland dann die gesamte Ukraine und begeht in unvorstellbarem Maße Verbre-chen an der Zivilbevölkerung. Seitdem wird Vladimir Putin mit internationalem Haftbefehl gesucht.
  • Seit geraumer Zeit werden mehrere Länder der Sahelzone – Mali, Burkina Faso, zuletzt Niger –von pro-russischen Putschen erschüttert.

Angesichts dieser Aufzählung fragen wir uns: Welcher Beweismittel bedarf es noch, bis Ihre Bundesregierung öffentlich zugibt, dass die Russische Föderation systematisch um das freie Europa herum Feuer legt?

Und die Lage ist in Wahrheit noch viel ernster. Denn die Bedrohung ist keinesfalls nur militärisch. Desinformation, Wahlmanipulation, Hacker-Angriffe, Finanzierung rechtsextremer Parteien, Anstiftung von Unruhen, Aussendung finanzstarker Oligarchen, die wichtige westliche Wirtschaftsgüter aufkaufen: Es gibt fast keine Methode der Destabilisierung, derer sich das Putin-Regime nicht bedient. Die Fantasie reicht vermutlich nicht aus, um sich das ganze destruktive Arsenal russischer „Außenpolitik“ vorzustellen.

Herr Bundeskanzler, bitte machen Sie sich klar:

Wir haben nicht mehr viel Zeit. Konsequenzen aus der viel zu lange wohlwollenden Haltung der deutschen Politik – auch Ihrer Partei – gegenüber Russland können nicht erst nach Jahren gezogen werden. Sie werden schon jetzt einen Schritt weitergehen müssen. Denn eine lediglich punktuelle Bearbeitung der genannten Konfliktherde wird der Stärke des russischen Angriffs nicht gerecht. Russland führt einen Kulturkampf gegen den freien demokratischen Westen. Dieser Kampf wird an allen Orten und mit allen Mitteln geführt. Und in diesem Kulturkampf müssen wir uns behaupten, wenn wir unsere Freiheit nicht verlieren wollen!

Denn was in das öffentliche Bewusstsein bislang kaum eingedrungen ist, sind die verheerenden politischen Folgen westlicher Schwäche. Sollte es Russland gelingen, den Ring aus Krieg und Terror um Europa noch enger zu ziehen und weitere Flüchtlingsströme zu provozieren, droht eine gefährliche Rückkopplungsschleife: Viele Menschen werden sich dann aus Angst vor unkontrollierter Migration rechtsextremen Parteien zuwenden – die wiederum mit Russland sympathisieren. Der Kreis würde sich schließen, unsere Freiheit wäre verloren.

Daher fordern wir Sie, Herr Bundeskanzler, heute eindringlich auf:

  • Stellen Sie öffentlich fest, dass die Russische Föderation einen Kulturkampf gegen den freien Westen begonnen hat, in dem wir unsere Freiheit mit allen gebotenen, notfalls auch unpopulären Mitteln verteidigen müssen und werden.
  • Unternehmen Sie alle Anstrengungen, um die (oder wenigstens einige) Mitgliedstaaten der Europäischen Union und vor allem Frankreich zu einer abgestimmten Verteidigungs- und Rüstungspolitik zu bewegen.
  • Beliefern Sie die Ukraine zügig mit den von ihr angeforderten Waffensystemen, insbesondere Taurus-Marschflugkörpern.

Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir die auch für unsere Freiheit kämpfenden Ukrainer nicht noch monatelang hinhalten. Denn die vollständige Befreiung der Ukraine ist der entscheidende Schlüssel, um Putins Einkreisungsstrategie wirkungsvoll zu stoppen.

Gehen Sie voran, Herr Bundeskanzler. Jetzt.

Erstunterzeichner
  • Thomas u. Vera Ammer, Euskirchen;
  • Marianne Birthler, Berlin;
  • Prof. Dr. Martin Aust, Bonn;
  • Andreas Umland, Kyiv;
  • Prof. Dr. Thomas Jäger, Köln;
  • Nikolai Klimeniouk, Berlin;
  • Henryk M. Broder, Berlin;
  • Roderich Kiesewetter MdB, Aalen-Heidenheim;
  • Reinhard Mohr, Berlin;
  • Olga Karach, Vitebsk / Vilnius;
  • Dr. Benjamin Tallis, Berlin;
  • Dr. Aylin Matlé, Berlin;
  • Samuel Schirmbeck, Berlin;
  • Gerd Poppe, Berlin;
  • Horst Kläuser, Remscheid;
  • Enno Lenze, Berlin;
  • Dr. Franziska Davies, München;
  • Dr. Richard Herzinger, Berlin;
  • Werner Jostmeier, Dülmen;
  • Ute Hennig, Bonn;
  • Reiner Daams, Solingen;
  • Lukas Beckmann, Berlin;
  • Ermano Meichsner, Berlin;
  • Christoph Greitemann, Bonn;
  • Renate Rodemann, Kappeln / Schlei;
  • Martin Koziol, Graz;
  • Torsten Grieger
  • Angelika Bender, Düsseldorf;
  • Marc Daniel, Bonn;
  • Dr. Marcus Schneider, Berlin;
  • Doris Botwen, Köln;
  • Stefan Büttner, Berlin;
  • Sonja Schiffers, zurzeit Tiflis / Georgien;
  • Nico Pappe, Bonn/Rosenheim;
  • Andreas Decker, Freising;
  • Anna-Elisabeth Abreu;
  • Valentyna de Maar, München;
  • Tatiana Dettmer, Köln;
  • Henryk Pich, Augsburg;
  • Uwe Rücker, Vaihingen / Enz;
  • Katriina Forsman, Düsseldorf;
  • Bettina Nirvered, Bonn;
  • Ralf Berninger, Kleinwallstadt;
  • Lorenzo Salafia, Düsseldorf;
  • Vladimir Genin, München;
  • Anton Glaser, Witten;
  • Thomas Machner, Schmalkalden;
  • Victor Moser, Bonn / Rosenheim;
  • Dr. Constantin Groth, Augsburg;
  • Florian Bertolini, Düsseldorf;
  • Dr. Jens Baganz, Düsseldorf;
  • Carsten Hammer, Hannover;
  • Mag. Alexander Hartl, München;
  • Grit Friedrich, Dürrröhrsdorf-Dittersbach;
  • Frank Peter Wilde, Berlin;
  • Olena Heese, Berlin;
  • Nadine Alexander, Düsseldorf;
  • Matthias Hirche, Dresden;
  • Holger Blasum, Bischofheim / Mainspitze;
  • Violina Petrychenko, Köln;
  • Nicole Hoefs-Brinker, Bodenheim;
  • Joerg Jaentschi, Augsburg;
  • Stefan Mironjuk; Bonn
  • Gordon Kipping, Heidesee;
  • Stefan Fröhlich, Swisttal;
  • Daniel Klein, Bonn;
  • Vitalii Prilipa, Reutlingen;
  • Knut König, Freiberg / Sachsen;
  • Dr. Sascha-Ilko Kowalczuk, Berlin / Bayreuth;
  • Dr. Thilo Engel, Bonn;
  • Dr. Tanja Kühne, Düsseldorf;
  • Konstantin Sokolov, Düsseldorf;
  • Martin Ziemann, Leipzig;
  • Valeriy Trushevskyy, Bonn;
  • Oleksiy Velychko, Essen;
  • Konstantin Gutmann, Wuppertal;
  • Daniel Ott, Korschenbroich;
  • Ellen Lieske, Kuesten;
  • Jens Olejak, Bonn;
  • Viktoriya Limbach, Köln;
  • Alexandra Schäfer, Solingen;
  • Sina Brucks, Kaarst;
  • Jean-Marc Lötzsch, Leipzig;
  • Jenny de Palacios, Meerbusch;
  • Anton Malkin, Bonn;
  • Stephan Koziol, Erbach / Odw.;
  • Björn Möller, München;
  • Christoph Müller, Bonn;
  • Julia Müller, Bonn;
  • Dajen Stolpmann, Berlin;
  • Mattia Nelles;
  • Dr. Johannes und Natalia Thoma, Düsseldorf;
  • M.A. Tamara Okhrimenko, München;
  • Heiko Wüst, Aschaffenburg;
  • Sabine Paluch, Naunhof;
  • Cathrin Panier, Schwentinental;
  • Dr. Aleksander Pavkovicˇ, München;
  • Christian Wolf, Mainz;
  • Andreas Döhling, Bremen;
  • Dmytro Pivovarov, Erlangen;
  • Anna Dönitz, Berlin;
  • Dr. Ursula Stark-Urrestarazu, Bonn;
  • Kateryna Plaksiy, Erlangen;
  • Dr. Christian Raap, Bonn;
  • Dr. Marta Raap, Bonn;
  • Sabrina Heissler;
  • Alexander Kohler;
  • Heidi Rohrlack, Augsburg;
  • Isabell Salzinger, Geithain;
  • Johann Schmidt, Bonn;
  • Sebastian Siebert, Essen;
  • Johann Schmitt, Bonn;
  • Valentin Spernath, Rosenheim;
  • Marco und Daniela Stein, Söhrewald;
  • Tobias Stötter, München;
  • Sascha Klose, Wachtberg;
  • Sava Stomporowski, Bonn;
  • Stefan Thanheiser, Karlsruhe;
  • Robert Wagner, Jena;
  • Dr. Matthäus Wehowski, Dresden;
  • Marcus Welsch, Berlin;
  • Jürgen Wörheide, Sonderburg;
  • Misha Nodelman, Bochum;
  • Klaus-Uwe Haake, Kassel;
  • Dr. Patrick Heinemann, Freiburg; 
  • Krista-Marija Läbe, Berlin;
  • Mattia Nelles, Düsseldorf;
  • Alexander Roth, Berlin;
  • Alexandra Braun, Marburg;
  • Sabine Kaienberg, Lamstedt

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Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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