Offener Brief: Die Ukraine kämpft für ganz Europa

In einer aktualisierten Neufassung ihres Offenen Briefs von Mitte Januar verlangen 96 Osteuropa-Experten von Deutschland und der EU eine deutlich verstärkte Unterstützung der um ihr Überleben als unabhängiger Staat und als Nation kämpfenden Ukraine – im Interesse von ganz Europa. Zu den Forderungen gehört auch die Lieferungnicht nur leichter, sondern auch schwerer Defensiv- sowie ausgewählter Offensivwaffen, wie z.B. größerer Flugabwehrgeräte sowie geeigneter Kampfflugzeuge, -schiffe, -fahrzeuge.“ Wie den ursprünglichen habe ich auch diesen erneuerten Aufruf unterschrieben – auch wenn ich über den Text, der „alle nur möglichen Maßnahmen unterhalb einer direkten militärischen Konfrontation mit Russlandfordert, hinausgehend eine direkte Intervention der NATO als Option nicht ausschließen möchte.

Im Folgenden der Offene Brief, der zuerst am 18.3. im „Tagesspiegel“ erschienen ist, im vollen Wortlaut mit der vollständigen Liste der Unterzeichner.

Russlands offener völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen ein friedliches Nachbarland, der am 24. Februar 2022 begonnen hat, besiegelt das Scheitern der deutschen und EU-Russlandpolitik der vergangenen Jahrzehnte. Diese Politik basierte auf der Hoffnung, Moskaus immer offensichtlicher werdende neoimperiale Ambitionen durch eine Kombination intensiver Diplomatie, vertraglicher Einbindung und multipler Geschäftsbeziehungen eindämmen zu können. Russlands fortgesetzte militärische Präsenz in Moldau seit 1992, notdürftig kaschierte Gebietsexpansionen in Georgien seit 2008 und in der Ukraine seit 2014 sowie weiteres Fehlverhalten rund um die Welt hatten bereits deutlich gemacht, dass dieser Ansatz nicht zum gewünschten Ergebnis führt.

Dennoch unterzeichnete Deutschland 2015 – ein Jahr nach Beginn von Russlands offener Okkupation der Krim und Pseudobürgerkrieg in der Ostukraine – das Abkommen über die Unterwassergasleitung Nord Stream 2. Die Inbetriebnahme der zweiten Pipeline durch die Ostsee hätte die ökonomische Verflechtung Russlands mit der Ukraine weiter reduziert. Putin hätte in Osteuropa noch mehr freie Hand als bislang gehabt. Deutschland hätte sich noch stärker als ohnehin von Russland abhängig gemacht.

Indem die Bundesregierung darauf besteht, zunächst den Import russischen Erdöls und Erdgases in großem Umfang fortzusetzen, ermöglicht sie Russlands weiterhin enorme Einnahmen aus dem Energieexport. Sie verlängert damit den Krieg und konterkariert die Wirkung der bereits beschlossenen sowie an und für sich eindrucksvollen westlichen Sanktionen. Auch steht Berlins Verhalten damit im fortgesetzten Widerspruch zu jener „historischen Verantwortung“, die Deutschland öffentlich gegenüber den Ländern der ehemaligen Sowjetunion auf sich genommen hat, nachdem es im Zweiten Weltkrieg Belarus und die Ukraine verwüstet hatte

Europa muss widerstehen

Das tragische und ungewisse Schicksal der Ukraine sollte allein Grund genug für intensiveres Engagements Deutschlands und der EU sein. Es liegt aber auch im ureigenen Interesse ganz Europas zu verhindern, dass Putin mit seinem imperialen Revanchismus Erfolg hat. Handel und gemeinsamer Wohlstand kann nur in einem stabilen und friedlichen Umfeld gedeihen. Ein Erfolg Putins in der Ukraine könnte zu weiteren Aggressionen gegen andere blockfreie Nachbarländer wie Moldau und Georgien führen und den europäischen Kontinent weiter destabilisieren.

Die deutsche und europäische Ostpolitik muss sich darauf konzentrieren, der Ukraine bereits heute aktiv beim Überleben zu helfen, anstatt lediglich Maßnahmen zu ergreifen, die erst nach etlichen Wochen oder gar Monaten Wirkung zeigen können. Deutschlands kurzsichtiger Egoismus in den gemeinsamen Bemühungen der europäischen Nationen, Putins Aggression zu widerstehen, muss ein Ende haben. Es müssen schon jetzt alle verfügbaren Mittel eingesetzt werden, um für die Russische Föderation den Preis dieses Kriegs zu erhöhen, darunter:

  • Sanktionen gegen alle russische Banken und ein vollständiger Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Zahlungssystem;
  • Einstellung des Aufkaufs jeglichen Öls, Erdgases und anderer Rohstoffe aus Russland;
  • Isolation Russlands sowie Einreisesperre für Regierungsmitglieder sowie regierungsnaher Eliten in die Mitgliedsländer der EU;
  • Beschlagnahmung von Geldern und Sacheigentum staatsnaher russischer Oligarchen und Firmen;
  • Ausschluss Russlands aus allen internationalen gesellschaftlichen und Sportveranstaltungen;
  • Unterstützung der Wirtschaft, des Staates und der Verteidungsanstrengungen der Ukraine;
  • Lieferung nicht nur leichter, sondern auch schwerer Defensiv- sowie ausgewählter Offensivwaffen, wie z.B. größerer Flugabwehrgeräte sowie geeigneter Kampfflugzeuge, -schiffe, -fahrzeuge usw.

Im Lichte von Russlands offenem Einmarsch in ein friedliches Land und zunehmender Kriegsverbrechen sowie einer wachsenden Wahrscheinlichkeit ähnlicher russischer Aggressionen gegen andere Länder muss die deutsche Regierung stärker als bislang berücksichtigen, dass Putin kein herkömmlicher Verhandlungspartner ist. Friedliche Koexistenz mit Putins Regime kann nur auf einer robusten Kombination von Diplomatie mit wirtschaftlicher, politischer und militärischer Stärke basieren. Alle nur möglichen Maßnahmen unterhalb einer direkten militärischen Konfrontation mit Russland müssen ergriffen werden, um die russische Aggression gegen die Ukraine zu bestrafen, einzudämmen und schließlich zu beenden. Einmal verhängte Sanktionen dürfen erst nach einem vollständigen Rückzug Russlands aus dem ukrainischen Hoheitsgebiet aufgehoben werden.

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

Dr. Felix Ackermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Instituts Warschau
Dr. Hannes Adomeit, Senior Fellow am Institut für Sicherheitspolitik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Dr. Vera Ammer, Mitglied des Vorstandes von Memorial International sowie der Initiative Demokratische Ukraine, Euskirchen
Dr. Anders Åslund, Senior Fellow am Stockholmer Freie Welt Forum und Lehrbeauftragter an der Georgetown Universität, Washington, DC

Prof. Dr. Oesten Baller, Rechtswissenschaftler, Vorsitzender der German-Ukrainian School of Governance e. V., Berlin
Marieluise Beck, Parlamentarische Staatssekretärin 2002-2005 und Direktorin für Ostmitteleuropa/Osteuropa des Zentrums Liberale Moderne Berlin
Dr. Jan Claas Behrends, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Dr. Carl Bethke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität Leipzig
Prof. Dr. Florian Bieber, Leiter des Zentrums für Südosteuropastudien, Karl-Franzens-Universität Graz
Prof. Dr. Katrin Boeckh, wissenschaftliche Angestellte am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, Regensburg

Dr. Falk Bomsdorf, Rechtswissenschaftler, Leiter des Moskauer Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung 1993-2009, München
Prof. Dr. Karsten Brüggemann, Inhaber der Professur für Estnische und Allgemeine Geschichte, Universität Tallinn, Estland
Dr. Martin Dietze (Mitinitiator), Publizist und Erster Vorsitzender des Deutsch-Ukrainischen Kulturvereins e. V., Hamburg
Steffen Dobbert, Journalist und Buchautor u.a. von “Euromaidan: Protest und Zivilcourage in der Ukraine”, Berlin
Dr. Yuliya Erner, Politikwissenschaftlerin, Projektkoordinatorin des Deutsch-Russischen Austauschs e.V., Berlin
Marco Fieber, Journalist und Vorsitzender von Libereco – Partnership for Human Rights, München
Dr. Rory Finnin, Dozent für Ukrainestudien am Robinson College, Universität Cambridge, England
Dr. Jörg Forbrig, Direktor für Mittel- und Osteuropa beim German Marshall Fund of the United States, Berlin
Prof. Dr. Annette Freyberg-Inan, Leiterin des Lehrstuhls für die Theorie Internationaler Beziehungen, Universität Amsterdam
Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung 1997-2017 und Geschäftsführender Gesellschafter des Zentrums Liberale Moderne Berlin

PD Dr. Angelos Giannakopoulos, DAAD-Langzeitdozent für Deutschland- und Europastudien an der Kyjiwer Mohyla-Akademie, Ukraine
Dr. Anke Giesen, Slawistin, Mitglied der Vorstände von Memorial International sowie Memorial Deutschland e. V., Berlin
Witold Gnauck, Historiker, Geschäftsführer der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung, Frankfurt (Oder)
Dr. Gustav C. Gressel, Senior Policy Fellow am Wider Europe Programme, European Council on Foreign Relations, Berlin
Prof. Dr. Theocharis Grigoriadis, Studiendekan und Leiter der Abteilung Volkswirtschaft des Osteuropa-Instituts, Freie Universität Berlin
Ralph Hälbig, Kulturwissenschaftler, freier Journalist bei ARTE & MDR sowie Betreiber der Webseite „Georgia & South Caucasus“, Leipzig

Dr. Imke Hansen, Vizevorsitzende von Libereco – Partnership for Human Rights, Sewerodonezk/Hamburg
Rebecca Harms, MdEP 2004-2019, ehemalige Vorsitzende der EU-Delegation in der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST, Wendland
Pastor Ralf Haska, Auslandspfarrer der Evangelischen Kirche Deutschlands in Kyjiw 2009-2015, Marktleuthen
Jakob Hauter, Politologe, Doktorand an der School of Slavonic and East European Studies, University College London
Dr. Richard Herzinger, freier Publizist, Buchautor und Betreiber der Webseite „hold these truths“, Berlin
Dr. Mieste Hotopp-Riecke, Direktor des Instituts für Caucasica-, Tatarica- und Turkestan-Studien, Magdeburg

Prof. Dr. Hubertus F. Jahn, Inhaber der Professur für die Geschichte Russlands und des Kaukasus, Universität Cambridge, England
Dr. Markus Kaiser, Sozialwissenschaftler, Präsident der Deutsch-Kasachischen Universität Almaty 2015-2018, Konstanz
Prof. Dr. Andreas Kappeler, ehemaliger Professor am Institut für Osteuropäische Geschichte, Universität Wien
Prof. Dr. Christian Kaunert, Leiter des Jean-Monnet-Lehrstuhls für Internationale Sicherheitspolitik, Dublin City Universität, Irland
Dr. Sarah Kirchberger, Abteilungsleiterin am Institut für Sicherheitspolitik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Nikolai Klimeniouk, Journalist und Leiter des Programms Initiative Quorum des Europäischen Austausch gGmbH, Berlin
Peter Koller, Tourismusmanager und Buchautor u.a. von „Ukraine: Handbuch für individuelles Entdecken“, Berlin

Dr. Viktor Krieger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland, Nürnberg
PD Dr. Markus Krzoska, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut, Justus-Liebig-Universität Giessen
Prof. Dr. Taras Kuzio, Research Fellow der Henry Jackson Society London und Lehrbeauftragter an der Kyjiwer Mohyla-Akademie, Ukraine
Dr. John Lough, Associate Fellow am Russia & Eurasia Programme, Chatham House – The Royal Institute of International Affairs, London
Edward Lucas, Senior Fellow am Zentrum für Europäische Politikanalyse (CEPA), Washington, DC
Prof. em. Dr. Otto Luchterhandt, ehemaliger Inhaber der Professur für Öffentliches Recht und Ostrecht, Universität Hamburg

Dr. Martin Malek, Politikwissenschaftler und Buchautor u.a. von “Militärdoktrin und Marinepolitik der UdSSR 1956-1985”, Wien
Prof. Dr. David R. Marples, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kanadischen Institut für Ukrainestudien (CIUS), University of Alberta, Edmonton
Markus Meckel, DDR-Außenminister 1990, MdB 1999-2009 und deutscher Ratsvorsitzender der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Berlin
Dr. Stefan Meister, Leiter des Programms Internationale Ordnung und Demokratie, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Berlin
Stefan Melle, Geschäftsführer des Deutsch-Russischen Austausch e. V. und Mitgründer des EU Russia Civil Society Forum, Berlin
Igor Mitchnik, Projekleiter bei Libereco – Partnership for Human Rights e. V., Berlin/Charkiw
Prof. Dr. Georg Milbradt, Ministerpräsident Sachsens 2002-2008 and apl. Professor für Finanzwissenschaft, Technische Universität Dresden

Johanna Möhring, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Henry-Kissinger-Professur für Sicherheits- und Strategieforschung, Universität Bonn
Prof. Dr. Michael Moser, Präsident der Internationalen Ukrainisten-Assoziation und Professor für Sprachwissenschaft am Institut für Slawistik, Universität Wien
Prof. Dr. Alexander J. Motyl, Professor für Politikwissenschaft an der Rutgers Universität-Newark, New Jersey
Christoph Müller-Hofstede, Mitglied des Beirats der Stiftung European Citizens’ Rights, Involvement and Trust (ECIT), Berlin
Mattia Nelles, Mitglied des Forums Neue Sicherheitspolitik der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin
Prof. Dr. Julia Obertreis, Inhaberin des Lehrstuhls für Geschichte Osteuropas, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Barbara von Ow-Freytag, Politikwissenschaftlerin, Mitglied des Vorstands des Prague Civil Society Centre
Ira Peter, Journalistin und ehemalige Stipendiatin des Deutschen Kulturforums östliches Europa, Mannheim
Dr. Andreas Petersen, Historiker, Dozent an der Hochschule für Wirtschaft FHNW, Windisch
Prof. Dr. Hans-Christian Petersen, Professor für Geschichte am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, Universität Osnabrück
Prof. Dr. Serhii Plokhii, Professor für Geschichte und Direktor des Ukrainischen Forschungsinstituts, Harvard Universität, Cambridge, Mass.
Dr. Susanne Pocai, Historikerin, Buchautorin und Mitarbeiterin der Lebenswissenschaftlichen Fakultät, Humboldt-Universität zu Berlin

Ruprecht Polenz, MdB 1994-2013, seit 2013 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e. V., Münster
Dr. Detlev Preuße, Politologe, Buchautor und ehemaliger Leiter der Ausländerförderung der Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hamburg
Waleria Radziejowska-Hahn, Germanistin, Mitglied im Beirat sowie vormals Geschäftsführerin des Lew Kopelew Forums e. V., Köln
Prof. Dr. Oliver Reisner, Inhaber der Professur für Europa- und Kaukasusstudien, Staatliche Ilia-Universität Tiflis, Georgien
Dr. Felix Riefer (Mitinitiator), Politologe, Buchautor und Mitglied im Beirat des Lew Kopelew Forums e. V., Bonn
Christina Riek, Übersetzerin, Projektkoordinatorin und Mitglied des Vorstandes von Memorial Deutschland e. V., Berlin
Prof. Dr. Stefan Rohdewald, Leiter des Lehrstuhls für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität Leipzig

Dr. Per Anders Rudling, Dozent für Geschichte und Wallenberg Academy Fellow, Universität Lund, Schweden
Dr. Tatjana Samostyan, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Studiengang European Studies, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Sebastian Schäffer, Politologe, Buchautor und Geschäftsführer des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa, Wien
Dr. Oxana Schmies, Historikerin und Herausgeberin u.a. des Buches “NATO’s Enlargement and Russia”, Berlin
Winfried Schneider-Deters, Volkswirt, Buchautor und Leiter der Kyjiwer Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung 1995-2000, Heidelberg
PD Dr. Stephan Scholz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

Dietmar Schulmeister, Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Düsseldorf
Werner Schulz, MdB 1990-2005, MdEP 2009-2014, ehemals Vizevorsitzender des Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU-Russland, Kuhz
Prof. em. Dr. Klaus Segbers, bis 2019 Direktor des Center for Global Politics am Osteuropa-Institut, Freie Universität of Berlin
Radek Sikorski, MdEP, Vorsitzender der EU-USA-Delegation des Europäischen Parlaments, Brüssel
Prof. em. Dr. Gerhard Simon, ehemals Professor an der Abteilung für Osteuropäische Geschichte, Universität zu Köln
Dr. Maria Snegovaya, Politikwissenschaftlerin, Postdoktorandin am Virginia Polytechnic Institute and State University, Blacksburg
PD Dr. Kai Struve, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Russischen Föderation 1995-2002, Königswinter
Sergej Sumlenny, Politologe, Buchautor und Leiter des Kyjiwer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung 2015-2021, Berlin
Prof. Dr. Maximilian Terhalle, Oberstleutnant d. R., Gastprofessor an der London School of Economics and Political Science
Prof. em. Dr. Stefan Troebst, bis 2021 Inhaber der Professur für Kulturgeschichte des östlichen Europa, Universität Leipzig
Dr. Andreas Umland (Mitinitiator), Analyst am Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien, Utrikespolitiska institutet
Edwin Warkentin, Leiter des Kulturreferats für Russlanddeutsche, Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte, Detmold

Marcus Welsch, Dokumentarfilmregisseur und Leiter einer Seminarreihe zur Medienkompetenz in der Ukraine, Berlin
Dr. Anna Veronika Wendland, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung, Marburg
Dr. Klaus Wittmann, Brigadegeneral a. D., Lehrbeauftragter am Historischen Institut, Universität Potsdam
Prof. Dr. Alexander Wöll, Leiter des Lehrstuhls für Kultur und Literatur Mittel- und Osteuropas, Universität Potsdam
Dr. Susann Worschech, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europa-Studien, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
Agnieszka Zawadzka, Lehrkraft für besondere Aufgaben am Institut für Slawistik, Universität Leipzig

Siehe auch: Belarus bis Balkan: Putinzieht die Schlinge um Europa zu

Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

1 Kommentar

  • Sehr geehrter Herr Herzinger,
    vielen Dank für Ihr Engagement für die Ukraine.
    Ich war von ihrem Artikel „Flugverbotszone über der Ukraine: Eingreifen, bevor es zu spät ist“ in der Zeit sehr beeindruckt.
    Allerdings sehe ich die Lösung etwas anders.
    Ein Eingreifen der Nato führt zur einer polarisierung. Ich würde deshalb eine internationale Allianz vorschlagen.

    Dazu habe ich auch einen Artikel geschrieben.
    Mich würde interessieren, was Sie von den Ideen halten.

    Ukraine – der Krieg der Verlierer

    Zusammenfassung
    Punkte 1-4 sind ein Skizzieren der Situation, können aber ohne Weiteres entfallen.
    Die Punkte 5 bis 6 zeigen auf, inwiefern alle daran beteiligten Parteien gerade die Ziele, auf die ihr Handeln abzielt, verfehlen. Unter 7. wird eine Allianz der „141 Staaten“ vorgeschlagen. Eine solche wäre derzeit die einfachste (und wahrscheinlich einzige) Lösung, eine absehbare weltweite Hungersnot zu entgehen.
    Gerne können Sie auch nur Auszüge veröffentlichen.

    Wenn man in die westliche Presse sieht, findet man überall Artikel, wie toll der Westen in diesem Krieg agiert hat und wie erfreulich es ist, dass er durch diesen zu seiner alten Geeintheit zurückgefunden hat.

    Ich möchte hier ein paar Aspekte beleuchten, die ein etwas anderes Bild liefern.

    1. Der Vertrag
    Im „Budapester Memorandum“ haben 1994 Russland, die USA und Großbritannien den Ländern Ukraine, Kasachstan und Belarus als Gegenleistung für den Verzicht auf die auf Ihrem Boden stationierten Atomwaffen aus der Sowjetunion zugesagt, die Souveränität in den bestehenden Grenzen zu achten. Auch wird darin in Artikel 6 aufgeführt, dass diese Staaten bei Konflikten beratend tätig werden. Im Gegensatz zu dem NATO Vertrag enthält er allerdings keine Beistandsklausel.
    Russland hat mit dem Überfall gegen diesen Vertrag verstoßen, die anderen beiden Staaten sich dem Vertrag entsprechend verhalten.

    2. Das vergiftete Geschenk
    Der US-Präsident Biden erklärte kurz vor Beginn des Kriegs, es werde nicht mit GI´s in diesen eingreifen, wies aber Russland darauf hin, dass es sein „Vietnam“ werden könnte, und kündigte Sanktionen an. Zudem wurde die Lieferung von Waffen an die Ukraine aufgenommen. Es ist aber festzuhalten, dass es klar war, dass diese nicht zu einem Gleichgewicht der beiden Mächte führen würden, da insbesondere keine moderne Luftabwehr installiert wurde.
    Biden wies darauf hin, dass es in dieser Situation gelte, einen 3. Weltkrieg zu vermeiden, welcher durch das direkte Gegenüberstehen von amerikanischen und russischen Truppen zwangsläufig eintreten würde.
    Es ist sehr erfreulich, dass sich die Großen der Welt auch mal an das Wohl von uns Bürgern denken.

    3. Der Kriegsbeginn
    Als Russland entgegen allen Beteuerungen am 24. Februar dieses Jahres in die Ukraine einmarschierte, war das allgemeine Entsetzen groß. Die westliche Welt zog sich auf die vorher definierten Positionen zurück.
    In der UNO stimmen am 2. März 141 von 193 Staaten für eine Resolution, welche Russland auffordert, die Gewaltanwendung gegen die Ukraine sofort einzustellen. Nur 5 Länder stimmen gegen diese Resolution.

    4. Berichte über völkerrechtswidrige Einsätze von Vakuum – Bomben und Streumunition gegen die Zivilbevölkerung
    Im Gegensatz zu früher reagierte der Westen nur mit der allgemeinen Verurteilung des Einsatzes solcher Waffen und zog sich auf die vorher definierten Positionen zurück.

    5. Der große Zar
    Alle gehen davon aus, das er sein Ziel, die Einnahme der Ukraine erreichen wird.
    Er denkt große Dinge (Wiederauferstehung der Sowjetunion) in großen Zeitabschnitten (dies wird sein Erbe sein).
    Leider wird es irgendwann ein Zeitalter geben, in dem es nicht die derzeitige Regierungspartei sein wird, welche die Geschichtsbücher schreibt.
    Also sehen wir uns doch mal an, was wir darin lesen werden.
    Über so Kleinigkeiten, dass ein starkes Land ein schwaches ohne Grund angreift, wird gerne hinweggesehen. Doch weiter?
    Weiter wird man nicht umhinkommen, festzustellen, dass etliche Denkmäler der slawischen Kultur zerstört wurden. Vieles von dem, was die Grundlage dieser Völker war, wird es nach dem Krieg nicht mehr geben.
    Von vielen als noch schlimmer empfunden wird, dass eine der wenigen positiven Errungenschaften des Kommunismus durch diesen Krieg vernichtet wurde: Das Bewusstsein, dass sie alle einem Volk angehören und Brüder sind und egal ob sie Russisch, Ukrainisch oder eine andere Sprache sprechen, zur gleichen Familie gehören.
    Durch keinen anderen Menschen haben nach dem deutschen Führer mehr Menschen dieser Familie – russische wie ukrainische – das Leben verloren als durch diesen, der davon träumt, einmal als „Der Große“ in die Geschichte einzugehen.
    Der Name, den er sich in der Geschichte gesichert hat, wird wohl eher „Vladimir, der Schlächter“ oder etwas patriotischer formuliert: „Vladimir, der Totengräber des Slawentums“ sein.

    6. Der freundliche alte Mann, der keinen Krieg will
    Er hat alles richtig gemacht.
    Indem er sagte, er werde nicht mit GI´s in die Ukraine gehen, hat er alles getan, was getan werden konnte, damit die Welt nicht in einem 3. Weltkrieg versinkt. Das kann man ihm nicht zu hoch anrechnen.
    Ein Zar hingegen ging von der Erfahrung aus, dass Sanktionen irgendwann auch mal wieder fallen (wenn deutsche Bundeskanzler es überhaupt für nötig halten, diese umzusetzen), territoriale Eroberungen aber bestehen bleiben. Er sah in dieser Erklärung, dass er die Ukraine sozusagen für „lau“ bekomme, wohl ein „Angebot, das man nicht ablehnen kann“.
    Dabei gab es überhaupt keinen Grund sich so festzulegen.
    Möglich wäre z. B. ein Statement gewesen wie: Derzeit bestehe überhaupt kein Grund für eine Beunruhigung. Die Russen hätten ja erklärt, dass sie nicht in die Ukraine einmarschieren. Für einen solchen Fall halte man sich natürlich alle Optionen offen. Das Traurigste daran ist, dass bei einem derartigen Statement der ganze Krieg meiner Einschätzung nach wahrscheinlich gar nicht stattgefunden hätte.

    7. Die ganze Welt
    Leider treffen Sanktionen auch die, welche sie verhängen. Dies führt, wie uns jeden Tag der Blick auf die Tankstellen deutlich vor Augen führt weltweit zu einer erheblichen Erhöhung der Energiepreise. Für uns ist das teuer, für andere Ländern nicht bezahlbar.
    Und dann gibt es da noch so eine Kleinigkeit. 8 % der weltweiten Getreideexporte stammten 2020 aus der Ukraine. Wenn der Export kriegsbedingt zum erliegen kämen (was zurzeit durchaus realistisch ist, da vorhandene Vorräte zerstört und der Export verhindert wird) ist mit Hungersnöten und daraus folgenden politischen Unruhen und möglicherweise vielen Toten zu rechnen.
    Dies alles ist die Folge der auf den ersten Blick so bestechend friedfertigen Sanktionspolitik. Trotzdem hatte Biden mit der Befürchtung nicht ganz unrecht, dass ein Eingreifen der NATO zu einer Eskalation des Konflikts führen könnte.
    Ich würde daher vorschlagen eine weltweite Koalition zu bilden. Vergleichbar der im 2. Weltkrieg gegen Hitler oder 1991 in Kuwait.
    Dafür sollten eigentlich 141 Länder bereitstehen. Länder, die nicht nur Russland aufgefordert haben, die Gewaltanwendung gegen die Ukraine sofort einzustellen, sondern auch mehr und mehr unter den steigenden Energiepreisen und teils auch unter absehbaren Hungersnöten leiden.
    Das wäre dann wohl eher ein kurzer Krieg, insbesondere da China immer betont, sich in diesem Konflikt neutral zu verhalten.
    Das sofort zu machen ist das meiner Einschätzung nach der einzige Weg, Hungersnöte in vielen Ländern der Erde zu verhindern. Noch ist es möglich.

    8. War da sonst noch was?
    Ach ja, die Ukrainer.
    Was soll man da mit diesen armseligen Worten …

    Sollten Sie inhaltliche Fehler in diesem Text finden, bitte ich Sie, diese zu korrigieren.

    Vielen Dank für Ihre Mühe!

    Matthias Winkler, Komponist (Universal Edition, Wien)

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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