Taiwan darf nicht in die Hände des totalitären China fallen!

Es ist keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wann und Wie, dass sich das totalitäre Regime Taiwan gewaltsam einzuverleiben versuchen wird. Darüber sind sich die meisten Fernost-Experten inzwischen einig. Zuletzt hat der frühere US-Nachrichtenoffizier James E. Fanell in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ diesbezüglich ein düsteres, aber leider keineswegs unrealistisches Zukunftsszenario gezeichnet.

Bis zum hundertjährigen Bestehen der VR China 2049 wolle, so Fanell, das Regime in Peking das Land zur Supermacht Nummer eins in der Welt machen. Die „Wiedervereinigung“ Taiwans mit China durch dessen Eingliederung in das totalitäre Herrschaftssystem der Kommunistischen Partei betrachteten die Machthaber in Peking dafür als unerlässliche Voraussetzung. Im Blick auf die Lage in zehn Jahren erklärt Fanell: „Wenn ich sehe, wie Peking stetig aufrüstet und Washington zögert, bezweifle ich, dass es dann noch ein freies und demokratisches Taiwan geben wird. Ohne Hilfe von aussen, ohne vereintes Auftreten der Welt gegen die Kommunistische Partei Chinas wird Taiwan fallen.“ Namentlich die Europäer, die China noch immer durch Leisetreterei zu besänftigen hoffen, sollten sich dies ins Stammbuch schreiben.

Offen ist indes die Frage, ob das chinesische Regime Taiwan mittels einer massiven militärischen Invasion einzunehmen plant, oder ob es sich an Putins hybrider Kriegsführung, mittels der dieser die Annexion der Krim berwerkstelligt hat, ein Beispiel nehmen wird. In jedem Fall fehlt es dem Westen bezüglich Taiwan an einem überzeugenden Abschreckungskonzept. Auch wenn US-Präsident Biden kürzlich mit seiner Aussage, für Washington sei die Verteidigung Taiwans eine Verpflichtung, ein wichtiges Signal gesetzt hat, bleibt ungewiss, ob und wie die USA dem Inselstaat im Ernstfall tatsächlich militärisch zu Hilfe eilen würden – und könnten, riskierten sie damit doch einen offenen Krieg mit China. Fraglich ist auch, wie viel Wert die chinesischen Machthaber nach dem fluchtartigen Abzug aus Afghanistan Beistandsbeteuerungen Washingtons für Verbündete grundsätzlich überhaupt noch beimessen.

Fragwürdige „Ein-China-Politik“

Das Weiße Haus beeilte sich jedenfalls sogleich, die Äußerung des Präsidenten zu relativieren: An eine grundlegende Änderung der Strategie gegenüber China sei nicht gedacht. Das aber bedeutet im Kern, dass der Alleinvertretungsanspruch Pekings für ganz China weiterhin prinzipiell anerkannt wird. Diese Anerkennung nicht nur durch die USA, sondern durch den gesamten Westen war in den 1970er Jahren ein Schachzug im Kalten Krieg, um die VR China als Gegenspieler der Sowjetunion globalpoltisch aufzuwerten. Dafür wurde Taiwan geopfert, wo damals noch die Diktatur der Kuomintang-Nationalisten herrschte. Die Inselrepublik wurde 1971 zugunsten der VR China aus den UN ausgeschlossen, und ihr wurde in der Folge von den westlichen Demokratien nach und nach die diplomatische Anerkennung entzogen. Seitdem wird das Land auf internationaler Ebene wie ein Pariah behandelt. Weil die USA es aber als strategischen Partner benötigten, sicherten sie ihm ihre politische und militärische Unterstützung bei der Verteidigung seiner Existenz zu. Dies geschah in der damaligen Erwartung, China werde sich über kurz oder lang „liberalisieren“, und das Taiwan-Problem könne dereinst in friedlichem Einvernehmen gelöst werden. Das ganze nannte sich und nennt sich bis heute „strategische Ambiguität“.

Doch die Voraussetzungen dieser „Ein-China-Politik“ haben sich inzwischen grundlegend geändert. Denn nicht nur aus nationalistischen und großmachtstrategischen Gründen will das Pekinger Regime Taiwan von der politischen Landkarte wischen, sondern vor allem auch, weil sich der Inselstaat inzwischen zu einer vorbildlich funktionierenden und prosperierenden Demokratie entwickelt hat. Taiwan ist damit die tägliche lebendige Widerlegung der Propagandalüge, „die chinesische Kultur“ sei mit den westlichen Werten von Freiheit und Demokratie unvereinbar, mit der die totalitären Machthaber in Peking ihr Unterdrückungssystem rechtfertigen. Die bloße Existenz des demokratischen Taiwan stellt eine ständige Bedrohung für die kulturrelativistische Herrschaftslegitimation der kommunistischen Einparteienherrschaft dar.

Aus diesem Grund aber hat die Frage der Verteidigung Taiwans auch für den Westen mehr als nur eine rein geostrategische Dimension. Die Konfrontation zwischen Peking und Taipeh ist heute Teil der weltweiten Auseinandersetzung zwischen Demokratie und neu aufstrebendem Autoritarismus. Nachdem der Westen bereits weitgehend untätig die brutale Gleichschaltung Hongkongs durch das Pekinger Regime hingenommen hat, wäre die Preisgabe einer blühenden Demokratie, die als ein Leuchtfeuer der Freiheit auf dem asiatischen Kontinent wirkt, ein weiteres düsteres Vorzeichen für die kommende Selbstaufgabe der gesamten freien Welt.

Um das chinesische Regime noch davon abzuhalten, mit seinen Eroberungsdrohungen früher oder später ernst zu machen, müsste der Westen jetzt entschlossen und einheitlich politisch handeln. Das heißt zunächst, deutliche Zeichen der Verbundenheit mit Taiwan zu setzen. Dies muss nicht gleich auf die vollständige diplomatische Anerkennung Taiwans durch die westlichen Demokratien hinauslaufen, wohl aber eine massive internationale Aufwertung des ihnen durch gemeinsame Werte verbundenen Landes beinhalten – gerade auch, was dessen Präsenz und Rolle in den UN betrifft. Der Westen muss Peking unmissverständlich klar machen, dass er Taiwan als integralen Teil der demokratischen Welt betrachtet, und dass jeder Angriff darauf für die VR China dramatische Konsequenzen auf globaler Ebene hätte.

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Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

von Richard Herzinger

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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