Terror in Moskau: Der Chefterrorist heißt Putin

Vieles deutet darauf hin, dass das Putin-Regime den Terror-Anschlag von Moskau selbst inszeniert oder doch zumindest willentlich hat geschehen lassen. Die seltsamen Umstände der Tat (s. Appendix) wie die Geschwindigkeit, mit der die Kreml-Propagandamaschinerie flächendeckend ihre Version der Ereignisse verbreitete und die dazu „passenden“ Täter präsentiert hat – so, als sei sie seit langem darauf vorbereitet gewesen -, weisen massiv in diese Richtung. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass Putins Geheimdienste Terror gegen die eigene Bevölkerung einsetzen, um die russische Gesellschaft auf seinen brutalen Kriegskurs einzuschwören.

So diente im Herbst 1999 eine Reihe von Bombenanschlägen gegen Wohnhäuser in drei russischen Städten mit über 300 Opfern  dem Regime als Vorwand dafür, den Zweiten Tschetschenienkrieg zu beginnen, den Russland unter Putins Führung als Vernichtungskrieg gegen die tschetschenische Zivilbevölkerung führte. Die Anschläge hatten wesentlich dazu beigetragen, dass der zu diesem Zeitpunkt als Ministerpräsident amtierende und kurz danach zum Staatspräsidenten avancierte Putin seine Macht festigen konnte.

Während das Regime in Blitzesschnelle Tschetschenen als Täter beschuldigte, gingen viele in- und ausländische Experten und Aktivisten – allen voran der abtrünnige Geheimdienstagent Alexander Litwinenko und die Journalistin Anna Politkowskaja, die beide später von Putins Schergen ermordet wurden – davon aus, dass die Anschläge das Werk des Geheimdienstes FSB waren. Eine Einschätzung, die seitdem durch zahlreiche weitere Recherchen erhärtet wurde.

Terror-Nutznießer Putin

Eine hundertprozentige Aufklärung über die damaligen Terror-Akte wie auch über den jetzigen wird es aber kaum je geben, ist doch an eine objektive Untersuchung der Vorgänge unter der putinistischen Diktatur nicht zu denken. Wie die vermeintlichen Täter des Anschlags vom Wochenende jetzt vorgeführt und auf bestialische Weise gefoltert werden, so dass sie alles gestehen, was ihre Peiniger von ihnen verlangen, zeugt indes von dem terroristischen Charakter des russischen Staats. Indem der Kreml die grausamen Folterungen per Video verbreiten lässt, wendet er darüberhinaus dieselbe Methode an wie der IS, der seine sadistischen Untaten ebenfalls demonstrativ öffentlich zur Schau zu stellen pflegt. Die westliche Politik und Öffentlichkeit sind daher gut beraten, nicht ein einziges Wort der einschlägigen offiziellen Verlautbarungen Moskaus zum Tathergang für bare Münze zu nehmen.

Was auch immer tatsächlich hinter den Ereignissen vom vergangenen Wochenende steckt – in jedem Fall ist es auch dieses Mal ausschließlich Putin, dem das terroristische Massaker nutzt. Und zwar in mehrfacher Hinsicht, nach innen wie nach außen.

Russland, das einen genozidalen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine führt, kann sich jetzt vor der Weltöffentlichkeit als unschuldiges Opfer des internationalen Terrorismus gerieren. Und das zum genau passenden Zeitpunkt: Gerade erst hatten die öffentlichen Trauerbekundungen für Alexej Nawalny das Propagandabild des Kreml gestört, nach dem die russische Bevölkerung geschlossen hinter ihrem allmächtigen Führer stehe. Jetzt aber werden die Bilder, die zeigten, wie mutige russische Bürgern zum Gedenken an Nawalny öffentlich Blumen niederlegen, durch die staatskonformen Bilder von den um die Terroropfer Trauernden überdeckt.

Wie der Kreml die IS-Karte spielt

Welch eine verdächtig günstige Koinzidenz für das Regime ist es im übrigen, dass der IS (bzw. sein Ableger ISPK) die Verantwortung für den Terroranschlag übernommen hat. Der vermeintliche Kampf gegen den IS hatte Russland bereits als Vorwand dazu gedient, in Syrien einen gnadenlosen Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung zu führen, um seinen Vasallen Assad an der Macht zu halten. Der IS hingegen wurde von den Russen in Syrien in Wahrheit kaum bekämpft, das überließen sie der westlichen Anti-IS-Koalition. Im Gegenteil, objektiv agierte der IS als Verbündeter Assads und seiner Schutzherren Russland und Iran, indem er seinerseits die Auslöschung sämtlicher demokratischer Ansätze in der syrischen Gesellschaft betrieb.

Dementsprechend ist das den IS angeblich so konsequent bekämpfende Russland über all die Jahre des Syrienkriegs hinweg keineswegs ein bevorzugtes Terrorziel der dschihadistischen Horrormiliz gewesen. Dass ausgerechnet jetzt ein IS-Ableger wie Kai aus der Kiste auftaucht, um einen derart spektakulären Anschlag in der russischen Hauptstadt zu verüben, muss alle Beobachter mit wachem Verstand äußerst stutzig machen.

Putin kommt derTerrorakt jedenfalls in vielfältigerweise gelegen. Er kann ihn dazu nutzen, die Zurichtung der russischen Gesellschaft für seinen Kriegskurs gegen die Ukraine und darüber hinaus weiter zu forcieren und das entsprechende Klima für die Verwirklichung seiner Pläne zu einer breiten Mobilmachung zu schaffen. Indem er grundlos die Ukraine mit dieser Untat in Verbindung bringt, zielt er zudem darauf, das überfallene Land mit dem islamistischen Terror zu identifizieren und auf diese Weise die Weltöffentlichkeit zu manipulieren.

Auch wenn sich seine Anschuldigungen gegen die Ukraine als offensichtlich haltlos erweisen werden, kann er doch darauf spekulieren, dass irgendetwas davon bei irgendwem hängen bleiben wird. Alleine dass die Ukraine gezwungen ist, diese Beschuldigungen zu dementieren, bringt sie, so das Kalkül der Desinformationskrieger, assoziativ damit in Zusammenhang: Wer in Zukunft das Wort „Ukraine“ hört, werde unwillkürlich irgendwie auch an den IS denken. Einer derartig „vorbereiteten“ westlichen Öffentlichkeit gegenüber dürfte der Kreml nun verstärkt versuchen, seine völkermörderischen Aggression gegen die Ukraine als Bestandeil des globalen „Kriegs gegen den Terror“ zu verkaufen.

Propagandaecho im Westen

So könnte die Herstellung dieser Assoziation ihm dabei helfen, die westlichen geistigen Widerstandsktäfte gegen seinen völkermörderischen Feldzug in der Ukraine weiter zu unterminieren. Es wird wohl nicht lange dauern, bis sich im Westen Stimmen erheben, die argumentieren, es sei eben doch ein großer Fehler, auf Konfrontation mir Russland zu gehen, wenn der gemeinsame Hauptfeind des „christlichen Abendlands“ doch in Wahrheit der Islamismus beziehungsweise „der Islam“ sei. Insbesondere die rechten Republikaner in den USA wird dieses Ereignis in ihren Bestrebungen befeuern, der Ukraine die Unterstützung zu entziehen – nach dem Motto: „Russland ist doch in Wahrheit gar nicht unser Feind, sondern ein natürlicher Verbündeter im Kampf gegen den Terror. Was zählt dagegen schon die Unabhängigkeit der Ukraine?“ Und es besteht kein Zweifel daran, dass es ihnen die Rechts- und Linkspopulisten in Europa gleichtun werden. Aber auch in der „politischen Mitte“ werden sich wohl etliche Leichtgläubige finden, die sich von diesem Propagandakonstrukt blenden lassen.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Der islamistische Terrorismus ist und bleibt eine eminente globale Gefahr, insbesondere auch für die westlichen Demokratien. Kürlich erst wurden Terroranschläge in Deutschland verhindert, in deren Planung der ISPK involviert war. Wobei die Frage offen bleibt, ob und inwieweit dieser von wem gesteuert wird. Dass Russland eine Bastion gegen den Islamismus sei, wie auch hierzulande nicht wenige glauben wollen, ist jedenfalls schon allein aufgrund des engen Bündnisses Moskaus mit der Islamischen Republik Iran und seiner guten Beziehungen zu Hamas und Hisbollah eine verheerend irrige Vorstellung.

Festzuhalten ist darüberhinaus vielmehr: Putins Russland selbst steht dem IS und anderen dschihadistischen Terrortruppen in Sachen antiwestlicher Hassideologie, berserkerischer Mordenergie und bestialischer Grausamkeit nicht nach. Der putinistische russische Staat ist seinerseits nichts anderes als eine monströse Terrororganisation, eine gigantische (säkulare) Version des IS. Der existenzielle Gefahr mit ganzer Kraft entgegenzutreten, die von dieser destruktiven Macht für die gesamte zivilisierte Menschheit ausgeht, ist und bleibt die dringlichste Priorität der demokratischen Welt. Nur wer das in aller Klarheit erkennt, ist gegen die Desorientierungsmanöver und blutigen Propagandafinten des mörderischen Kreml-Regimes gewappnet.

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APPENDIX: Auf Facebook hat der User Frank Merten einige sich aufdrängende Fragen zum Terror in Moskau zusammengestellt, die zu denken geben sollten:

Wer die Krokus City Hall kennt, fragt sich, wie es den Terroristen gelungen sein soll, innerhalb von 20 Minuten dieses riesige und mit modernen Brandschutzeinrichtungen versehene Gebäude mit nur drei Molotowcocktails in Brand zu setzen und komplett zu zerstören.

Wer die Lage der Krokus City Hall kennt, weiß, dass genau gegenüber eine Station der Anti Terror Einheit OMON liegt. Warum ist diese jedoch erst über 30 Minuten nach der Flucht der Terroristen am Tatort eingetroffen?

Wer Moskau kennt, weiß, dass es an jedem Veranstaltungsort, jedem Museum, jedem besseren Restaurant Metalldetektoren und bewaffnete Sicherheitskräfte gibt. Warum konnten die Attentäter hier völlig unbehelligt eindringen?

Wer Moskau kennt, weiß, dass es nahezu unmöglich ist, an einem Freitagabend ohne langen Stau aus der Stadt rauszukommen. Wie konnte den Attentätern im freitäglichen Abendverkehr dennoch die völlig unbehelligte Flucht gelingen?

Wer Kenntnis militärischer Abläufe hat, fragt sich, wie es den Terroristen in nicht einmal zwanzig Minuten gelungen sein soll, 160 Menschen zu töten – zumal nur drei der Angreifer bewaffnet waren, einer davon während des Attentats von einem Besucher ausgeschaltet wurde, und die Terroristen innerhalb dieser zwanzig Minuten den langen Weg vom Eingang bis in den Konzertsaal und wieder zurück laufen mussten.

Wer Kenntnis militärischer Abläufe hat, staunt über das dilettantische Vorgehen der Attentäter. Diese bewegten sich völlig unkoordiniert, teilten sich nicht auf, gaben sich keine Deckung, ballerten sinnlos in der Gegend rum. Der vierte Mann war sogar gar nicht bewaffnet.

Wer das Vorgehen des IS kennt, weiß, dass deren Attentäter möglichst viele Menschen töten wollen und ihren eigenen Tod bei der Aktion finden wollen (Märtyrertod). Warum haben die Attentäter aber nach wenigen Minuten abgebrochen und nicht den Märtyrertod gesucht? Warum wollten sie fliehen?

Wer das Vorgehen des IS kennt, weiß, dass es um maximale mediale Aufmerksamkeit geht. Warum gab es nicht mehr und bessere Bodycam-Aufnahmen? Warum haben die Attentäter kaum religiöse Losungen gebrüllt?

Wer sich die Videos der Festnahmen angeschaut hat, fragt sich, warum halb zivil gekleidete Männer die Attentäter mitten in der Provinz stellen konnten. Die Attentäter wurden gleich vor Ort verhört und gefoltert und gaben wie auswendig gelernt wirkende ´Geständnisse` ab.

Kann es sich bei den Attentätern vielleicht um vom FSB rekrutierte Migranten handeln, denen Geld und freies Geleit in und aus der Krokus City Hall sowie ein Fluchtweg nach Belarus versprochen wurde? Wurden diese dann entgegen der Absprache von ihren Fluchthelfern festgenommen?“

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Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

1 Kommentar

  • Sehr geehrter Herr Herzinger,
    ich bin mit Ihrer Sichtweise der Situation zu Ru / Ukr/ Islam (laut Erdogann gibt es keinen „Islamismus“ sondern nur den Islam u. ich halte mich an die Aussagen dieses Repräsentanten) vollstens einverstanden. Eine Frage bzw. einen Einwand habe ich in der Terminologie. Sie beschreiben Russland als „Der putinistische russische Staat ist seinerseits nichts anderes als eine monströse Terrororganisation, eine gigantische (säkulare) Version des IS.“ Dagegen ist inhaltlich natürlich absolut nichts einzuwenden. Aber sin die Adjektive „putinistisch russisch monströs, / IS-gleiche Terrororganisation“ nicht zu vage und ungenau und verharmlosend ??? Putinistisch als Adektiv ist meinem politischen und sprachlichen Gefühl nach zu wenig definierend, denn wieviele Menschen sind gar nicht gegen P. ( Schröder!!! u.v.a.).nach wie vor russophil.. Es assoziiert vielleicht auch noch im Zusammenhang mit RU das Adjektiv stalinistisch- und somit kann es in die altbekannte abgehakte Schublade der Sowjetzeit Nomenklatura verschoben werden:hat doch nichts mit uns zuntun….. Die Gleichsetzung mit dem IS ist für deutsche Ohren ebenso erstmal ein „eingeschleppter“ Begriff und zum inneren Abwinken prädestiniert. Mir ist es wichtig spezifisch im historisch deutschen Zusammenhang auf den Begriff d.Faschismus NIE zu verzichten, denn da sind wir mit betroffen, immernoch, immer wieder. Hat doch Putins Feldzug gegen den Westen generell auch sehr viel mit der deutsch russischen Verganenheit +zu tun! Auffälig auch ,wie sehr die massivsten Drohungen im ru TV speziell gegen D gerichtet sind und noch auffälliger, wie wenig konkret sich die BuReg zu den ganzen russischen Greueltaten- jetz wieder Charkiv- überhaupt äußert .Letztlich wird in kaum einer Weise das rein Faschistische – das uns historisch viel bedeutungsvoller+näher ist als das „Islamistische“, so gut wie nie thematisiert und somit auch vergessen gemacht ,nur auf die AFD / bzw.gegen Rechts beschränkt. Kurz: ich glaube es muss viel intensiver sprachlich u .inhaltlich darauf hingewiesen werden, dass die deutsche Verganheitsbewältigung nicht bedeuten kann, einen nach RU migrierten, dort wieder auferstandenen Faschismus nicht als solchen zu erkennen und nicht viel entschiedener zu bekämpfen. In meinenKommentaren auf X spreche ich daher immer vom „imperialen russichorthodoxen Faschismus“ unsd versuche immer auch den Zusammenhang zu unserer deutschen Geschichte herzustellen.Wenn wir das nicht ständig nit bedenken- wozu haben wir denn dann all die Jahre bewältigt, Schuld auf uns genommen etc etc, wenn wir das jetzt nicht in einem anderen uns politisch eng verbundenenLand nichit ebenso ablehnen?? Auch das mit der „säkulären“ version haut meiner meinung nach nicht ganz hin, denn wie wir wissen ,setzt das ru Regime die russisch orthodoxe Kirche , den Bezug auf das Christentum sehr perfide ein und ist somit zumindest als semisäkular anzusehen.

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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