Trump hat die USA Putins Cyberkriegern ausgeliefert

Trump und Putin sind Komplizen bei der Zerstörung der amerikanischen Demokratie. Wer das bisher nicht glauben wollte, dem müssten angesichts der jüngst enthüllten massiven russischen Hackerattacke gegen die USA endgültig die Augen aufgegangen sein. Durch sein permanentes aggressives Abstreiten und Herunterspielen der Gefahren, die vom Kreml ausgehen, hat der Noch-Präsident der Unterminierung der US-Demokratie durch Putins Cyberkriegs- und Desinformationsapparate systematisch Vorschub geleistet.

Der massive Hackerangriff auf regierungsamtliche US-Netzwerke, darunter dem des Verteidigungsministeriums, hat dem Kreml Zugang zu sensiblen Regierungsdaten verschafft, mittels dem er den USA schwersten Schaden zufügen kann. In der New York Times nennt der ehemalige Berater Trumps für Homeland Security dies eine beispiellose Bedrohung der nationalen Sicherheit, deren ganzes Ausmaß. noch nicht überschaubar sei, jedoch nicht überschätzt werden könne: Auch wenn die Russen nicht genug Zeit gehabt hatten, die vollständige Kontrolle über jedes Netzwerk zu erlangen, das sie gehackt haben, seien sie doch mit Sicherheit in den Besitz der Kontrolle über Hunderte von ihnen gelangt. Herauszufinden, um welche es sich handelt, werde Jahre dauern. Den Zugang, den sich die russischen Dienste verschafft haben, könnten sie für weit mehr nutzten als nur für Spionage.

Trump und Putin gegen die US-Demokratie

Doch obwohl selbst Trumps Außenminister Mike Pompeo – wird er, wie zuvor der ihm lange Zeit blind ergebenen Justizminister Barr, nun womöglich auch noch wegen Illoyalität gefeuert? – eindeutig Russland als Urheber des Cyberangriffs benannt hat, zweifelt der abgewählte Noch-Präsident das weiterhin öffentlich an und bringt statt dessen ohne jeden Beleg seinen Lieblingsfeind China als möglichen Übeltäter ins Spiel. Das überrascht nicht, denn Trumps beharrliches aggressives Leugnen der Gefahr, die den Vereinigten Staaten von Putins Russland droht, hat Methode und System. Er hat damit der Aggression des Kreml gegen die US-Demokratie Tür und Tor geöffnet.

Statt die Sicherheitsapparate gegen diese Attacken zu wappnen, sie für diese Aufgabe angemessen auszurüsten und zu motivieren, hat Trump sie immer wieder denunziert, diskreditiert und damit gravierend geschwächt. Als Erfüllungsgehilfe Putins und seiner Aggressionspolitik gegen die USA hat sich Trump einer De-facto-Kollaboration mit einer aggressiven feindlichen Macht schuldig gemacht, die auf den Tatbestand des Landesverrats hin untersucht werden müsste.

Was nun aber hat es mit seiner „harten Linie“ gegenüber China auf sich? Hat Trump zumindest im Kampf gegen diese totalitäre Macht Erfolge erzielt? Von wegen. Weit davon entfernt, durch Trumps Vorgehen wirtschaftlich und politisch ins Wanken zu geraten, hat China soeben mit 14 anderen Pazifik-Staaten, darunter den Demokratien Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland, den größten Freihandelspakt der Welt geschlossen. Und während Trump gegenüber dem Regime in Peking den starken Mann markierte, hat dieses unter dem Bruch internationaler Verträge Hongkong seiner demokratischen Freiheiten beraubt und es faktisch gleichgeschaltet. Angesichts solcher Triumphe können die Machthaber in Peking mit Trump eigentlich hochzufrieden sein, hat er mit seinen großmäuligen isolationistischen Alleingängen doch die Spaltung des Westens erheblich vorangetrieben und das Eintreten für Menschenrechte als Komponente der US-Außenpolitik weitestgehend sabotiert.

Was immer er anfasst, wird zu Müll

Trumps vermeintliche Anti-China-Strategie ist in Wahrheit so fiktional und wertlos wie alles, was er als Politik ausgibt. Tatsächlich dient ihm die heftige Rhetorik in Richtung Peking, dessen starken Mann er doch in Wahrheit zutiefst bewundert, hauptsächlich zur Ablenkung von seinem vasallenhaften Verhältnis zu Putin. Überhaupt ist Trumps Agieren in Wahrheit Anti-Politik: ein Projekt der Zerstörung von Politik im Sinne eines in irgendeiner Weise an rationale Kriterien gebundenen Handelns. Ob es sich um Nordkorea, das heute nicht nur unverändert über Nuklearwaffen, sondern sogar über mehr Raketen verfügt als vor Trumps Flirt mit Kim Jong-un, oder ob es sich um Afghanistan handelt, das von Trump an die Taliban ausgeliefert wurde – in keinem dieser Fälle folgte er bestimmten Prinzipien oder ging es ihm um amerikanische nationale Interessen, sondern allein um seine Selbstinszenierung zum Zweck des Erhalts seiner kleptokratischen Macht.

Bei ihm haben wir es mit einer Art Trash-Version des König Midas zu tun: Was immer er anfasst, wird zu Müll. An erster Stelle gilt das für die Republikanische Partei, die sich unter dem Druck des von Trump aufgeputschten rechtsextremen und verschwörungsgläubig delirierenden Mobs in eine würdelose Herde serviler und verängstigter Kopfnicker und Claquere verwandelt und damit als seriöse politische Kraft abgedankt hat.

Was das Putin-Regime betrifft, so agiert es aggressiver und bedrohlicher denn je. Die Prognose einer Reihe von westlichen Experten, die Covid-Krise werde Putins Herrschaft der Dysfunktionalität überführen und dadurch in den Grundfesten erschüttern, hat sich als typisches westliches Wunschdenken erwiesen. Ganz im Gegenteil betrachten die Kreml-Ideologen die Pandemie und die extremen Schwierigkeiten, die ihre Bewältigung den westlichen Demokratien bereitet, als Bestätigung für ihre Überzeugung, dass der Liberalismus historisch ausgespielt habe und ihr eigenes autoritäres Herrschaftssystem ihm überlegen sei.  

Autokratien wie die Putins pfeifen auf das Wohlergehen ihrer Untertanen und auf die soziale Realität ihrer Gesellschaften, die sie ausschließlich als Objekt der Ausplünderung betrachten. Es ist die Realität selbst, gegen die sie Krieg führen und gegen die sie sich immunisieren, indem sie sie Stück für Stück durch eine fiktive Scheinwelt ersetzen., in der Erwartung, dass sich darin niemand mehr zurechtfinden kann außer sie selbst.

Ein neues Gesetz in Russland sichert Putin jetzt lebenslange Straffreiheit auch über seine Amtszeit hinaus zu. Mit Putin hat Dr. Mabuses Vision von der Herrschaft des Verbrechens konkrete Gestalt angenommen. Das Verbrechen hat sich einen Staat geschaffen. Und der Verbrecherkönig kann jetzt ganz ungehemmt erstmal mal so richtig loslegen. Alles bisherige, von Morden und Mordanschlägen gegen unliebsame Abweichler und Oppositionelle, über das Bombardement der syrischen Zivilbevölkerung bis zur Annexion und Okkupation fremden Territoriums war erst das Vorspiel.

Putins Russland einzudämmen wird eine der zentralen, wenn nicht die wichtigste Herausforderung der Präsidentschaft Joe Bidens sein. Denn das ist zugleich eine außen- wie innenpolitische Frage ersten Ranges. Das Putin-Regime begnügt sich nicht damit, die USA – und damit die liberale Demokratie als solche – in der weltpolitischen Arena von allen Seiten anzugreifen. Es hat sich dank Trump und seiner kriminellen extremistischen Sturmtruppen auch tief im innenpolitischen Nervensystem der Vereinigten Staaten festgesetzt. Dass ihm dies gelingen konnte, ist die Essenz und Erbschaft der Präsidentschaft Donald Trumps.

Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

1 Kommentar

  • Welch wunderbarer Kommentar. Menschen, die Trump für einen großen Politiker halten, haben sich von der Politik längst verabschiedet. Trump ist alles, nur kein Politiker. Politik hieße für und nicht gegen die Polis zu handeln. Aber für all jene, denen Politik nur als ein schmutziges Spiel gilt, ist er eine wunderbare Projektionsfläche für ihre Sehnsucht nach starken Männern, welche dem Spiel ein Ende setzen. Solche Männer nannte man im alten Griechenland Tyrannen.
    Davon träumen sie: von einem Mann, der nicht an Recht und Gesetz gebunden ist, sondern es selbst schafft, sagt wo’s langgeht und sich um den Staat nicht weiter schert. (Carl Schmitt: der Führer schafft das Recht….). Solche Menschen wollen nicht mit anderen kooperieren, sie wollen beherrscht werden, wenn sie selbst schon nicht herrschen können.

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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