Professoraler Abgesang auf die liberale Weltordnung

Wenn ein deutscher Großanalytiker das Aufziehen einer neuen Weltordnung konstatiert, macht er keine halben Sachen: Nicht nur Afghanistan aufzugeben, hält er für zwingend – er erklärt mit dem Abzug vom Hindukusch auch gleich die Ära westlicher humanitärer Interventionen und mit ihnen die liberale Weltordnung im Ganzen für erledigt. Doch sein scheinbar fest in Stein gemeißeltes Gedankengebäude weist bei näherem Hinsehen erhebliche Risse und Schieflagen auf.

Der Historiker Herfried Münkler gilt in Deutschland als Koryphäe der globalstrategischen Tiefen- und Langzeitanalyse. Das ist nicht zuletzt dem von ihm kultivierten Gestus des nüchtern abgeklärten „Realisten“ geschuldet, der sich durch idealistisches Wunschdenken und sentimentale moralische Kriterien nicht von seinem schonungslosen Blick auf die tatsächlichen, einzig maßgeblichen Machtverhältnisse in der Weltpolitik und die langen historischen Linien ablenken lasse, durch die sie vorgezeichnet seien.

Dementsprechend hat sich Münkler jetzt in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) zu Wort gemeldet und den Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan zum Anlass genommen, um eine historische Zäsur zu verkünden: „Die Idee einer globalen Ordnung mit gemeinsamen Werten“ sei damit „definitiv aufgegeben worden – auch wenn sie in der Rhetorik der Nichtregierungsorganisationen nach wie vor bespielt werden.“ Ab jetzt, so Münkler, würden „die liberalen Werte des Westens (…) auf absehbare Zeit nur im Westen und in den ihm zugehörigen Räumen“ gelten.

Ungeachtet des Tonfalls strikter Objektivität, in dem er seine Diagnose präsentiert, ist bei ihm eine gewisse Genugtuung über diese Entwicklung nicht zu überhören – hält er die Intervention in Afghanistan doch von Anfang an für das Resultat einer von westlicher Selbstüberschätzung genährten Illusion:

„Der Truppenabzug ist das Eingeständnis, dass sich der Westen mit dem Projekt einer liberalen Weltordnung überhoben hat. Nicht nur in Russland und China, immerhin mächtige Gegenspieler, lassen sich Menschenrechte und bürgerschaftliche Politikpartizipation nicht zur Geltung bringen. Sie sind auch in rückständigen Gebieten nicht durchzusetzen, nicht einmal dann, wenn Teile der Bevölkerung das wünschen. Die dem Entgegenstehenden ließen sich nicht auf die eigene Seite ziehen, auch nicht mit Geld. Die Religion und die ihr verbundenen Traditionen haben sich als stabile Widerstandsbastion erwiesen.“

Bereits in einem vor eineinhalb Jahren erschienenen Buch hatte Münkler die Herausbildung einer neuen „Weltordnung ohne Hüter“ prognostiziert, die sich aus fünf Machtzentren zusammensetzen werde –  wobei dafür einstweilen nur die USA, China und Russland als Anwärter feststünden, während sich Mächte wie die EU oder Indien für diese Rolle erst noch qualifizieren müssten. Mit dieser neuen Weltordnung sah Münkler zugleich die „Epoche der Werte und Normen mit universellem Geltungsanspruch zu Ende gehen“.

Müssen wir auch Taiwan preisgeben?

Zu seinem nebulösen Begriff von geopolitischen „Räumen“, in denen die jeweils herrschenden Mächten ihre jeweils eigenen Wertvorstellungen oktroyieren, möchte man Münkler indes eine einfache aktuelle Frage stellen: Zählt er auch Taiwan zum Westen und den „ihm zugehörigen Räumen“? Dort existiert eine funktionierende Demokratie, die den westlichen in nichts nachsteht – und das, obwohl das Land von ethnischen Chinesen bewohnt wird, bei denen gemäß der – stark an die Theorie Carl Schmitts von einer völkerrechtlichen Ordnung der „Großräume mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ erinnernden – Münklerschen Lehre Menschenrechte und „bürgerschaftliche Politikpartizipation“ eigentlich gar keine Chance auf Durchsetzung haben könnten. Taiwan wird jetzt wegen seiner demokratischen Eigenständigkeit von dem totalitären Regime in Peking massiv militärisch bedroht. Sollte dieses mit seiner Ankündigung Ernst machen und Taiwan gewaltsam der Volksrepublik einverleiben – darf sich der Westen dann für die Opfer diese totalitären Expansion zuständig fühlen und ihnen beistehen? Oder soll er sich aus dem ihm nicht zugehörigen „Raum“ zurückziehen und den von „Traditionen“ vorgegebenen Dingen ihren Lauf lassen?

Münkler würde Letzteres vermutlich bejahen, hat er doch bereits vor eineinhalb Jahren im Blick auf Hongkong beschieden, dass der Westen nun einmal nichts dagegen werde machen können, sollte Peking die dortige Demokratiebewegung gewaltsam niederschlagen. In einem Interview sagte er damals über die von ihm vorhergesagte neue Weltordnung, in der universale Werte allenfalls noch „als kleinster gemeinsamer Nenner zwischen den Machtzentren“ eine Rolle spielen würden: „Wenn es keinen Hüter gibt, der übermächtig ist – also eine Kombination aus UN und USA –, dann werden Räume entstehen, die ihre eigenen Ordnungen und Normstrukturen haben.“ Opfer dieser neuen „Ordnung“ müssten demnach eben selbst sehen, wie sie mit ihren Peinigern übereinkommen. Da wir etwa die Krim „der Atommacht Russland nicht wieder abnehmen“ könnten, seien wir „wohl darauf angewiesen, dass die Ukraine und Russland einen Modus Vivendi finden.“

Schon damals stieß mir die professorale Selbstgefälligkeit auf, mit der Münkler den überfallenen Ukrainern empfahl, sich doch bitte schön mit den Okkupanten ihres Territoriums zu arrangieren. (Die Ukraine scheint ihm zu Folge jedenfalls ebenso nicht zu den „Raumen“ zu gehören, in denen die demokratischen Werte des Westens durchsetzbar sind. Noch weniger dürfte das nach seiner Lesart dann wohl auf Belarus zutreffen.) Es ist dieses demonstrative Ausblenden von Empathie gegenüber den Opfern autokratischer und totalitärer Gewalt, das an Münklers zur Schau gestelltem Gestus kühler Sachlichkeit am meisten befremdet. Er ist offenbar der Ansicht, solche Anteilnahme habe in einer streng rationalen geostrategischen Analyse nichts zu suchen. In Wahrheit aber kommt bei dieser Ausblendung lebendiger Menschen und ihres konkreten Handelns, Strebens und Leidens aus der Bestimmung politischer Faktoren nur eine ebenso schablonenhafte wie unvollständige Abstraktion vom realen Zustand der Welt heraus, die in der Konsequenz in eine gefährliche Irre führt.

Kein Interesse der Russen?

So hat folgerichtig auch das Schicksal der Afghaninnen und Afghanen, die ohne den Schutz westlicher Truppen wohl unweigerlich wieder den Taliban in die Hände fallen werden – wovon auch Münkler ausgeht -, in den strategischen Erwägungen des Politikhistorikers keinen Platz. Keines Wortes würdigt er die afghanischen zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Aktivistinnen, die unter größten Mühen und Opfern ein durchaus beachtliches Maß an freiheitlichen Errungenschaften erkämpft haben, welche nun von den Taliban wieder ausgelöscht zu werden drohen. Immerhin gibt Münkler zu, dass „noch einige Flüchtlingswellen aus Afghanistan in Richtung Westen folgen“ werden. Danach aber würden „die Bücher des kostspieligen Projekts geschlossen werden, und Afghanistan wird aus den Schlagzeilen der Nachrichten verschwinden.“

Aus den Schlagzeilen verschwunden war Afghanistan allerdings schon einmal, nämlich nach dem Abzug der Sowjetunion vom Hindukusch 1989 – bis der Westen am 11. September 2001 grausam aus diesem Schlaf des Vergessens gerissen wurde. Aber „einige Flüchtlingswellen“ scheinen für Münkler nicht besonders störend ins Gewicht zu fallen, wenn es darum geht, dem deutschen Publikum die Aussicht zu vermitteln, die Konflikte am Hindukusch endlich vom Hals zu bekommen. Die abzusehenden Folgen des Rückzugs versüßt er ihm mit der Spekulation, dass sich die Taliban vielleicht dereinst ja einmal ähnlich wandeln und den USA und ihren Verbündeten zuwenden könnten, wie es die vietnamesischen Kommunisten Jahrzehnte nach dem Vietnam-Krieg getan haben.

Dabei legt Münkler doch auch immer wieder ein erstaunliches Defizit an Faktenwissen über die Konflikte an den Tag, die er mit scheinbar souveränem Tief- und Überblick in sein großflächiges Kategoriensystem einordnet. So behauptet er in der NZZ schlankweg, von einer Unterstützung der Taliban durch China und Russland sei „nichts bekannt“. Hat er etwa die US- Geheimdienstberichte über die guten Beziehungen, die Moskau seit einem Jahrzehnt zu den Taliban aufgebaut hat, schlicht verpasst? Ist ihm tatsächlich entgangen, dass diese Kooperation auch die Lieferung von russischen Waffen an die Radikalislamisten, teils über Russlands Verbündeten Iran, umfassten, und dass der Kreml den islamischen Extremisten sogar Kopfgeld für den Abschuss von US-Soldaten bezahlt haben soll? Diese Informationen findet man nicht in irgendwelchen Statements von Nichtregierungsorganisationen, die nach Münklers abschätziger Diktion noch immer das Thema universaler Menschenrechte „bespielen“, sondern unter anderem in der New York Times, und sie lösten in den USA Schockwellen von Entsetzen und Empörung aus. Bis zu den akademischen Höhen deutscher Strategieanalytik aber scheinen sie nicht durchgedrungen zu sein.

Der Kreml hätte diese Anstrengungen wohl kaum unternommen, hegte er, wie Münkler erstaunlicherweise meint, kein strategisches Interesse an Afghanistan und an einer exemplarischen Niederlage des Westens am Hindukusch. Dass Russland und China daher „kaum die stillschweigenden Profiteure des Nato-Abzugs aus Afghanistan sein“ würden, wie Münkler ins Blaue hinein behauptet, erscheint vor diesem Hintergrund als reines Wunschdenken, das nur dadurch ermöglicht wird, dass der vermeintliche „Realist“ erhebliche Teile der Realität aus seinem Blickfeld eliminiert.

Liberale Weltordnung und globale Rechte

Der Kardinalfehler in Münklers Vorstellung von einer kommenden neuen Weltordnung besteht in der impliziten Annahme, die antidemokratischen Mächte würden sich damit begnügen, ihre eigenen „Räume“ zu beherrschen, nachdem sie dort erst einmal ihre eigenen „Normstrukturen“ durchgesetzt haben. Die wirklichen Verhältnisse zeigen jedoch ein ganz anderes Bild. Mit Cyberattacken und Desinformationskriegsoperationen zielt Putins Russland darauf, die liberalen Demokratien in ihrem Inneren zu zerstören, und auch Peking strebt verschärft nach Kontrolle über die internen Schaltstellen der westlichen Gesellschaften. Sollte sich der Westen tatsächlich eine Art Interventionsverbot in jene „Räume“ auferlegen, die angeblich seinen Gegnern zustehen, heißt das keineswegs, dass sich auch seine Widersacher in umgekehrter Richtung daran halten werden. Dass sich der Westen in Ruhe der Bestellung seines ihm zugewiesenen „Machtzentrums“ werde widmen können, wenn er sich nur erst einmal aus den Weltregionen abgezogen ist, in denen er angeblich nichts zu suchen hat, ist eine wirklichkeitsfremde und gefährlich irreführende Verheißung.

Im Kern stellt Münklers Theorie den antidemokratischen Herausforderern des Westens einen Freibrief dafür aus, in den von ihnen reklamierten Einflusszonen nach Bbelebiger Willkür zu schalten und zu walten. Ginge es nach Münklers These, hätten sich Menschen, die das Pech haben, außerhalb des Westens „und den ihm zugehörigen Räumen“ zu leben, damit abzufinden, dass ihnen auf Dauer jene grundlegenden Rechte vorenthalten bleiben, die westliche Bürger wie selbstverständlich für sich beanspruchen. Doch freiheitsdurstige Menschen überall auf dem Globus werden sich auch künftig von apodiktischen professoralen Reißbrett-Konstrukten nicht davon abhalten lassen, für ihre elementaren Rechte aufzustehen und dafür den Schutz des internationalen Rechts zu beanspruchen. Nichts anderes nämlich umschreibt der Terminus „liberale Weltordnung“: die Installierung eines universell gültigen Rechtskodex, auf den sich Unterdrückte überall auf dem Globus berufen können. Es liegt weder im Interesse noch im Ermessen westlicher Demokratien, dieses Prinzip preiszugeben, weil sie den Geschmack an seiner Verteidigung und Durchsetzung verloren haben.

Denn auf dem universalen Geltungsanspruch der Werte und Normen, die eine solche internationale Rechtsordnung begründen, beruht auch die Legitimität der westlichen Demokratien selbst. Spricht man einem großen Teil der Menschheit die Berechtigung ab, diese Werte und Normen für sich zu reklamieren, gibt es auch keinen zwingenden Grund mehr dafür, dass sie ausgerechnet im Westen gelten sollen. Wer den universellen Anspruch der „westlichen Werte“ preisgibt, spielt den Verächtern der liberalen Demokratie in die Karten, die auch im Westen selbst zuhauf dafür bereitstehen, ihr den Todesstoß zu versetzen.

Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

5 Kommentare

  • Ich moechte Muenkler Ihnen gegenueber insofern in Schutz nehmen als es im Hinblick auf die Wuenschbarkeit einer globalen liberalen Weltordnug zwischen ihm und Ihnen keinen Unterschied gibt. Die Differenzen treten I’m Hinblick auf die Durchsetzbakeit auf. Das sieht der Realist Muenkler Andres als der Idealist Herzinger. Ich stehe eher auf Ihrer Seite, aber das Spanungsverhaeltnis zwischen Raum und Ordnung bleibt, auch wenn es der garstige, aber doch auch sehr scharfsinnige Carl Schmitt so apodiktisch formuliert hat.Nehmen Sie doch einmal den Irak-Krieg als Beispiel. Es gibt Grenzen der Durchsetzbakeit einer liberalen Ordnung und wenn die Kosten der Durchsetzbakeit zu hoch sind, schlaegt das genauu gegenteilig auf die liberale Ordnung zurueck.
    Mit meinen besten Gruessen,
    Ihr
    Dieter Dettke

    • Vielen Dank für das kritische Feedback. Im Gegensatz zu Ihnen sehe ich aber Münkler eben gerade nicht als „Realisten“, und mich nicht als „Idealisten“ – wenn damit gemeint ist, dass Ideen keine konstitutive Rolle bei der Entwicklung einer realistischen Politik zukommen würden. Der „Realismus“, den Münkler vertritt, ist in Wahrheit eine Abstraktion von der Wirklichkeit, die sich um konkrete Verhältnisse und Tatsachen erstaunlich wenig schert. Und wer wie Münkler die Idee einer liberalen Weltordnung aufgibt, gibt in der Konsequenz die Grundlagen des Fortbestands der liberalen Demokratien selbst auf – wobei ich ihm keineswegs subjektiv böse Absichten unterstellen will.. Das ist der Punkt, den ich in meinem Artikel deutlich zu machen versucht habe.

  • Ja wenn alles so einfach wäre. Die Taliban bezw. Bin Laden wurden von den Amerikanern bewaffnet um gegen die Russen in Afganistan zu kämpfen. Die Russen wurden vertrieben, die Taliban bauten ein Schreckensregime auf. Dann versuchten die Amerikaner und Europäer ebenso erfolglos dies zu beenden. Schade um die vielen Toten. Es gibt eben Bewohner dieser Welt die leben im Stammesdenken und wollen keine Demokratie.
    Taiwan retten. Es gibt zur Zeit nur noch 17 Länder die diplomatische Beziehungen zu Taiwan aufgebaut haben. Weder die Schweiz noch ein anderes EU Land gehören dazu. Grund: China würde dann die diplomatischen Beziehungen abbrechen. Der Aufschrei der Wirtschaft dürfte allerdings sehr laut werden.
    Die Demokratien retten. Wer soll das tun? Europa hat weder markante Politiker(innen) noch eine schlagkräftige Armee.
    Geld regiert die Welt. Das ist heute der Leitspruch der meisten politischen Entscheidungen.

    • Sie wiederholen eine weit verbreitete Falschinformation, die sich hartnäckig hält, obwohl sie bereits unzählige Male richtig gestellt wurde: Niemals haben „die Amerikaner die Taliban bewaffnet“. Diese existierten in den 1980er Jahren, als die USA den afghanischen Widerstad gegen die sowjetische Besatzung unterstützten, noch gar nicht. Sie entstanden erst in den 90er Jahren während des afghanischen Bürgerkriegs, im wesentlich als eine Kreation des pakistanischen Geheimdienstes, mittels der Pakistan seine Vorherrschaft über das Land sichern wollte. Washington hatte zu diesem Zeitpunkt längst das Interesse an Afghanistan verloren. Bin Laden war in den 80er Jahren zwar in Afghanistan als Kommandeur einer kleinen Gruppe von arabischen Kämpfern aktiv, spielte dort aber keine nennenswerte Rolle. Die Al-Qaida wurde erst nach dem Golfkrieg 1991 zu einem international bekannten Faktor, als sich Bin Laden gegen die Präsenz von US-Truppen in Saudi-Arabien empörte, die er als Entweihung heiligen islamischen Bodens betrachtete, und er den Terror gegen die USA zu organisieren begann. Mit den Verhältnissen in Afghanistan hat die Entwicklung der Al-Qaida nur insofern zu tun, als die Taliban ihr Domizil gewährten, nachdem sie der Sudan, wo sie zuerst ihre Basen hatte, auf Druck Washingtons aus dem Land geworfen hatte.

      Im übrigen ist es eben jene mit Verlaub überhebliche und ignorante Haltung, die in ihrem Pauschalurteil über „Bewohner dieser Welt“ zu Ausdruck kommt, die nun mal keine Demokratie wollten, die ich in meinem Artikel analysiere und attackiere. Da muss ich mich wohl nicht wiederholen.

  • Danke für diesen Beitrag. Nicht nur der von Ihnen verlinkte Artikel von Münkler löst bei mir Kopfscherzen aus, sonder die zahlreichen Lesermeinungen, die seine Meinung teilen. Statt Universalismus macht sich der Ethnopluralismus in den Foren breit, einer ethnisch begründeten Einheitlichkeit der Volks- und Abstammungsgemeinschaft mit der die Neue Rechte und die Identitäre Bewegung gegen den Universalismus der Menschenrechte mobil macht.
    Dieses „die sind halt anders als wir und wollen gar keine Menschenrechte“ ist eine Denkfigur, die sich auch zunehmend im normalen gesellschaftlichen Umfeld breitmacht. Damit ist man für nichts mehr verantwortlich, kann sich aus allem raushalten und schiebt die Verantwortung für die Missstände die in Diktaturen herrschen, auf deren Opfer ab. Ärgerlich, aber leider wahr.

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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