Selbsterniedrigung des Westens vor den Taliban

Die schändliche Kapitulation vor den Taliban war noch nicht der Tiefstpunkt westlicher Selbsterniedrigung vor den totalitären Islamisten. In der aktuellen Ausgabe der vom Deutschen Bundestag herausgegebenen Wochenzeitung „Das Parlament“ habe ich auf die „Pro und Contra“-Frage: „Die Taliban diplomatisch anerkennen?“ geantwortet:

Mit der diplomatischen Anerkennung der Taliban würde eine totalitäre islamistische Terrorherrschaft aufgewertet und international salonfähig gemacht. Dass derartiges überhaupt in Erwägung gezogen wird, zeigt, in welche Falle sich der Westen mit seinem kopflosen, fluchtartigen Rückzug aus Afghanistan manövriert hat.

Denn nicht nur hat er das Land den Taliban ausgeliefert – er ist nun auch von ihrem Wohlwollen abhängig. Die Evakuierungsaktion am Kabuler Flughafen wäre ohne deren Duldung nicht möglich gewesen. Und um wenigsten einen Teil der zurückgelassenen örtlichen Helfer aus Afghanistan herausholen zu können, versuchen die westlichen Regierungen die islamistische Mörder- und Drogenhändlerbande weiter gnädig zu stimmen.

Große Teile der westlichen Öffentlichkeit malen sich diese Schande schön, indem sie von einer möglichen „Mäßigung“ der Taliban fabulieren und sich einreden, diese seien im Gegensatz zum IS nur an der Herrschaft über Afghanistan interessiert, nicht aber am Terrorexport nach Westen. Doch an der Zusammensetzung ihrer „Übergangsregierung“ zeigt sich, dass die Taliban ganz die alten sind. Und mit ihrer Machtergreifung kehrt ihr enger Verbündeter, Al-Qaida, nach Afghanistan zurück. In welcher Spielart auch immer der Islamismus auftritt – globaler Terror ist sein Lebenselixier.

Der Triumph der Taliban stellt eine exemplarische Demütigung der freien Welt dar – und befeuert so die Aggressionslust nicht nur der Islamisten weltweit, sondern aller autoritären und totalitären Feinde des Westens. Sie dafür auch noch mit diplomatischen Weihen zu belohnen wäre ein neuer Tiefpunkt westlicher Selbsterniedrigung.

Lesen Sie dazu auch meinen Essay in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Internationale Politik“: „Weckruf für die freie Welt“: Weckruf für die freie Welt | Internationale Politik:Die EU droht zu zerbrechen, in den USA hat die Abwahl Donald Trumps gerade noch das Schlimmste verhindert. Doch auch unter Joe Biden steht es um die Verteidigung der Werte des Westens gegen autoritäre Mächte schlecht. Freiheitsbewegungen wie in Belarus könnten eine Inspiration sein. Eine globale Allianz der Demokratien tut not.“

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Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

von Richard Herzinger

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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