Für die Ukraine – gegen die Achse Putin-Trump!

Das fiktive Gerede über einen bevorstehenden „Frieden“ in der Ukraine, das die Weltöffentlichkeit derzeit in Atem hält, verdeckt nur, dass der russische Aggressor seinen Vernichtungskrieg gegen das Land unvermindert fortsetzt und nicht die geringste Absicht hat, von seinem Ziel abzulassen: der Auslöschung der ukrainischen Nation. Öffentlich erklärte Putin kürzlich, man werde angeblich in Kursk eingekesselte ukrainischen Soldaten wie „Terroristen“ behandeln, was im Klartext heißt: man werde nach ihrer Gefangennahme an ihnen ein Massaker verüben. Dass er sich nicht scheut, offen ein horrendes Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzukündigen, zeigt, wie sicher sich der Massenmörder im Kreml wähnt, mit allen seinen in und an der Ukraine verübten maßlosen Verbrechen ungeschoren davonzukommen.

Jedem denkenden Menschen, der sich von Donald Trumps hohlen Friedensphrasen nicht das Gehirn vernebeln lässt, muss klar sein: Selbst wenn Putin tatsächlich – aus welchen taktischen Gründen auch immer – einer wie immer gearteten Waffenruhe zustimmen sollte, so nur, um sie dazu zu nutzen, die noch intensivere Fortsetzung seines Ausrottungsfeldzug gegen die Ukraine und die Ausweitung des Kriegs auf andere Länder, vor allem auch auf NATO-Staaten vorzubereiten.

Nicht nur wird Putin weiter massiv aufrüsten, er könnte Trump auch dazu anstiften, die Ukraine nach Ausrufung eines fragwürdigen Waffenstillstands zur Abhaltung von Präsidentschaftswahlen zu nötigen, obwohl die Bedingungen für die Durchführung regulärer Wahlen noch längst nicht gegeben sind. Diese Lage würde der Kreml dann dazu nutzen, die Ukraine mit allen Kräften zu destabilisieren und seine Verteidigungskräft zu unterminieren. Ebenso gut möglich ist, dass Russland eine solche Waffenruhe unverzüglich brechen wird, um dann zu versuchen, die Verstöße der Ukraine in die Schuhe zu schieben – in der berechtigten Erwartung, dass Trump diese Lüge schlucken und seine Beschuldigungen gegen Kyjiw richten wird.

Fünfte Kolonne im Weißen Haus

Denn der US-Präsident dient Putin auch bisher schon als nützlicher Idiot und williger Helfer, indem er nicht etwa den Aggressor unter Druck setzt, sondern die Ukraine, der er einen schnellen „Frieden“, weitestgehend zu den Bedingungen des Kreml, aufzwingen will. Dafür erpressen und demütigen Trump und seine Gefolgsleute das ukrainische Volk, indem sie das Opfer der Aggression zum Täter stempeln oder doch zumindest suggerieren, an diesem „Konflikt“ seien beide Seiten gleichermaßen schuld – während sie gleichzeitig den vermeintlichen Friedenswillen des Kreml-Schlächters preisen.

Wie eilfertig Trump seinem großen Vorbild im Kreml zu willen ist, hat sich jüngst gezeigt, als er seinem Unterhändler Keith Kellogg das Mandat für Verhandlungen mit Russland entzog. Dies geschah postwendend, nachdem Putin hatte verlauten lassen, er wolle mit diesem vermeintlich zu ukrainefreundlichen Mann nicht reden.

Gleichzeitig hat die Fünfte Kolonne des Kreml im Weißen Haus den US-Auslandssendern Radio Free Europe/Radio Liberty und Voice Of America (RFE/RL) drastisch die Mittel gekürzt, die damit vor der Schließung stehen. Diese Sender versorgen seit den Tagen des Kalten Kriegs die Bürger Russlands und Osteuropas, heute aber auch etwa des Iran mit zuverlässigen Informationen und machen sie mit den Werten der westlichen Demokratie vertraut. Trump und seine Kamarilla aber hassen diese demokratischen Freiheitswerte und fühlen sich darin dem russischen Regime verbunden, das RFE/RL im Februar 2024 zu einer „unerwünschten Organisation“ erklärt hat. Wer in Russland mit „unerwünschten Organisationen“ zusammenarbeitet, muss mit hohen Geldstrafen oder Haft rechnen. Indem Trump diese ruhmreichen Stimmen der amerikanischen Demokratie zum Schweigen bringt, erspart er dem Kreml und seinem Repressionsapparat nun sogar noch den Aufwand, entsprechende Zielobjekte ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen.

Drangsalieren des Schwächeren

In der Manier einer Mafia-Schlägertruppe kuscht das Trump-Regime vor einer noch stärkeren Gangsterbande, um seine perversen Allmachtsfantasien an Schwächeren ausagieren zu können. Weil Trump in Wahrheit weiß, dass er Putin nicht gewachsen ist, verlegt er sich darauf, die Ukraine zu drangsalieren, einzuschüchtern und zu zermürben, bis sie in einen von ihm willkürlich diktierten faulen “Frieden” einwilligt.

Die Schändlichkeit dieses Vorgehens sucht ihresgleichen und übertrifft im Grad moralischer Verkommenheit sogar noch das schmähliche Einknicken der Westmächte vor Hitler in den 1930er Jahren. Denn so verhängnisvoll falsch die Appeasement-Politik eines Neville Chamberlaine gewesen ist, es handelte sich bei ihm doch um einen ehrenwerten Mann, der tatsächlich glaubte, auf diese Weise dem Frieden zu dienen. Das aber lässt sich von den kleptokratischen Hasardeuren, die derzeit die Geschicke der USA bestimmen, in keiner Weise behaupten.

Dabei wünscht sich und benötigt Frieden niemand dringlicher als die Ukrainerinnen und Ukrainer. Trump und Konsorten aber nutzen diese Friedenssehnsucht des ukrainischen Volkes aus, um es in die Enge zu treiben und täuschen zgleich die Weltöffentlichkeit mit der Lüge, ein „Frieden“ sei in greifbarer Nähe.

Zynische Inszenierung

Trump und seinen Gehilfen ist es aber in Wahrheit völlig geichgültig, was aus dem ukrainischen Volk wird; sie haben noch nicht einmal annähernd fundierte Kenntnisse darüber – und wollen auch gar keine haben ., was in und um die Ukraine tatsächlich vor sich geht. Für die Ukraine und ihre gewählte Führung haben sie nichts als tiefste Verachtung übrig, was sich auf widerlichste Weise an der Niedertracht  gezeigt hat, mit der sie Selenskyj bei seinem Besuch im Weißen Haus behandelt haben. (Timothy Snyder hat treffend auf die antisemitische Konnotation des Angriffs hingewiesen, dem der jüdische ukrainische Präsident dort ausgesetzt war.) Tatsächlich täuschen die neuen Machthaber in Washington nur vor, über einen “Friedensplan für die Ukraine zu verfügen. In Wahrheit gibt es keinen solchen Plan, und schon gar keinen für einen dauerhaften, gerechten Frieden. Den Trumpisten geht es vielmehr darum, irgendetwas zu vereinbaren, das von Ferne wie ein Friedensabkommen aussieht, und das sie der US-Öffentlichkeit dann als großen Triumph ihres „genialen“ Führers im Weißen Haus verkaufen können – um Trump damit in seiner wahnhaften Überzeugung zu bestärkem, er habe den Friedensnobelpreis verdient.

Unter den Tisch fallen sollen bei dieser obszönen und zynisch inszenierten„Friedens“-Scharade des Trump-Regimes  die systematischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die vom russischen Aggressor fortlaufend begangen werden. Aus Anlass des kürzlichen  Geburtstags des großen ukrainischen Dichters Taras Schewtschenko ist es mehr als angebracht daran zu erinnern, dass sich Russlands Terrorkrieg gezielt auch gegen kulturelle Einrichtungen richtet, die für das nationale Selbstverständnis und historische Gedächtnis der Ukraine von zentraler Bedeutung sind, der Absicht, die ukrainische kulturelle Identität auszulöschen.

Die Trumpisten und ihre Schallverstärker in Europa aber pflegen die in und an der Ukraine begangenen russischen Verbrechen, die in der Summe eindeutig den Tatbestand des Völkermords erfüllen, nicht einmal zu erwähnen. Mehr noch, soeben hat Elon Musk, der in Trumps Auftrag die staatliche Struktur der USA mit der Kettensäge zerlegt, einer Task Force der Yale University, die bei der Suche nach Hunderten nach Russland verschleppter ukrainischer Kinder half, die Förderung gestrichen und damit den Garaus gemacht. Umso mehr gilt es, laut und unzweideutig auszusprechen: Die Freilassung und Rückführung aller verschleppten und gefangen gehaltenen ukrainischen Zivilistinnen und Zivilisten, und an erster Stelle der über 20 000 von den Russen entführten Kinder, muss eine absolute Grundbedingung dafür sein, irgendeine Art von Waffenstillstandsabkommen auch nur in Betracht zu ziehen. Und niemals dürfen die westlichen Demokratien und die zivilisierte Welt insgesamt darauf verzichten, Russland für alle von ihm am ukrainische Volk verübten Untaten zur Rechenschaft zu ziehen.

Die neue Achse des Bösen

Gegen das gefakte illusionäre Friedensgeklingel, das aus Washington zu uns dringt und auch hierzulande die Maßstäbe zu verwirren droht. müssen wir umso mehr an der Wahrheit festhalten: Der Frieden für die Ukraine wie für Europa insgesamt kann dauerhaft nur durch die vollständige Niederlage des russischen Aggressors zurückgewonnen und gesichert werden. So lange es nicht glaubhaft sein Ziel aufgibt, die Ukraine zu vernichten und die westliche demokratische Zivilisation zu zerstören, kann es mit Russland keine ernsthaften Friedensverhandlungen geben. Und solche Verhandlungen können keinen anderen Gegenstand haben als die Modalitäten seines vollständigen Rückzugs von dem gesamten besetzten ukrainischen Territorium,  einschließlich der Krim.

Wer aber, wie jüngst der rückgratlose NATO-Generalsekretär Rutte, der Trump umschmeichelt, um ihn gegenüber den Europäern milde zu stimmen, von einer „Normalisierung“ der Beziehungen zu Russland nach Beendigung der „Feindseligkeiten“ fabuliert, wie er den russischen Angriffskrieg verniedlichend nennt, bereitet den Verrat an der Ukraine vor und unterminiert den Selbstbehauptungswillen der westlichen Demokratien.

Lassen wir uns nicht davon abbringen, die Realität laut und deutlich zu benennen. Und von den europäischen demokratischen Regierungen zu verlangen, sich auf keinelei faulen “Deal” auf Kosten der auch für unsere Freiheit kämpfenden Ukraine einzulassen. Lassen wir dabei auch in diesen düsteren Tagen, da die Sache der Ukraine und damit der zivilisierten Menschheit insgesamt von der neuen Achse des Bösen Washington-Moskau bedroht wird, nicht den Mut sinken – im Sinne der Zeilen in Bertolt Brechts Lied von der Moldau“:

„Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
(..)

Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.“

Der Text ist die erweiterte und überarbeitete Fassung einer Rede, die ich bei einer Kundgebung der Initiativgruppe Chervona Kalyna Berlin für die Rückkehr ukrainischer Zivil- und Kriegsgefangener am 15.3.2025 in Berlin gehalten habe. (Video hier: 20250315_155734.mp4)

Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

2 Kommentare

  • Sehr geehrter Herr Herzinger,

    herzlichen Dank für Ihre klaren Worte. Traurig genug, dass das kleine Alphabet der Moral, von dem man denkt, dass es (fast) jeder Mensch in sich trägt, eigens erinnert werden muss.

    Mit freundlichen Grüßen
    Andreas Nentwich

  • D. Trump ein verurteilter Straftäter und Massenmörder Putin scheinen Freunde zu sein. Sie sind gegen die Ukraine , gegen Demokratien und andere Meinungen als ihre.. Vertrauen kann die Welt ihnen nicht.

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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