Nach Assad: Jetzt sind Putin und die Mullahs an der Reihe!

Der spektakuläre Sturz des Assad-Regimes könnte ein globalpolitischer Wendepunkt sein. Er stellt eine schmähliche Niederlage und einen schweren strategischen Rückschlag für die mörderishen Terrorregimes in Moskau und Teheran dar, die Syrien über Jahre hinweg in Schutt und Asche gelegt haben, um ihre Marionette Assad zu stützen. Mehr noch, am Kollaps der syrischen Despotie, einer der grausamsten der jüngeren Geschichte, zeigt sich die Verwundbarkeit und reale Schwäche der globalen antiwestlichen Kriegsfront aus China, Russland, Iran und Nordkorea („CRINK“). Der Westen müsste jetzt das Momentum nutzen, um seine ganze Kraft zu ihrer Zerstörung einzusetzen – und insbesondere in der Ukraine für eine verheerende Niederlage des russischen Aggressors zu sorgen. Doch statt dessen ist der Westen dabei, sich selbst zu zerlegen. Und im Weißen Haus übernimmt ein Autokratenfreund und Spießgeselle Putins das Ruder, der den Ukrainern einen korrupten „Deal“ aufzwingen will. Dazu als Hintergrund die aktualisierte Version meiner Kolumne, die zuerst im „Perlentaucher“ und auf Ukrainisch hier erschienen ist:

Während der Westen vor Putins Drohung mit dem Dritten Weltkrieg zurückschreckt, hat er noch immer nicht realisiert, dass der von Russland betriebene globale Krieg gegen die demokratische Zivilisation längst in vollem Gange ist.

Die Schauplätze dieser großen Konfrontation häufen sich. Einer davon ist Georgien, wo der Kreml mittels dreister Wahlfälschung und massiven Desinformationsoperationen ein ihm ergebenes Regime installiert hat. Gegen diese feindliche Übernahme durch den russischen Autoritarismus wehrt sich die dortige demokratische Opposition mit großem Mut und Einsatz. Doch ohne entschiedene Unterstützung vonseiten der EU und der westlichen Demokratien insgesamt droht der georgischen Freiheitsbewegung ein ähnliches Schicksal wie der in Belarus: durch brutale Repression zerschlagen zu werden.

In der westlichen Öffentlichkeit findet dieser Entscheidungskampf über die Zukunft Georgiens aber bei weitem nicht die Beachtung, die seiner Bedeutung zukommt. Die EU hat zu lange gezögert, der Zerstörung der Demokratie in diesem für die Sicherheit ganz Europas strategisch wichtigen Land entschlossen entgegenzutreten – und das, obwohl sie die Hebel dafür in der Hand hielt. Schließlich ist Georgien gerade erst im vergangenen Winter der EU-Kandidatenstatus verliehen worden.

Georgischer Alptraum

Brüssel muss nun unzweideutig klar machen, dass das Land keinerlei Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft hat, wenn es sich nicht an demokratische Grundprinzipien hält. Die Europäer müssen auf Neuwahlen unter internationaler Aufsicht bestehen und dem Regime, das die Macht unter Bruch der Verfassung usurpiert hat, jegliche Anerkennung verweigern. Überdies sollte der Westen gezielte Sanktionen gegen die Anführer der Regierungspartei „Georgischer Traum“ und ihre Unterstützer verhängen, die die Demokratie untergraben und sich in den Dienst russischer Expansionsgelüste stellen.

Und als Antwort auf das nach russischem Vorbild erlassene Gesetz über „ausländische Agenten“ müssen die georgische Zivilgesellschaft und die unabhängigen Medien nun erst recht deutlich verstärkte Unterstützung aus dem Westen erhalten – finanziell, politisch und auf diplomatischer Ebene. Vor allem aber müssen die Sanktionen gegen Russland als der Quelle des Übels weiter verschärft werden, und es muss als Antwort auf die anhaltenden Expansionsgelüste Moskaus die militärische Hilfe für die Ukraine unverzüglich erheblich aufgestockt werden.

Um zu verhindern, dass Georgien dem kriminellen, terroristischen russischen Imperium in die Hände fällt, ist eine koordinierte transatlantische Anstrengung unerlässlich. Doch weit von einem solchen gemeinsamen Handeln entfernt, ist der Westen dabei, sich selbst zu zerlegen.

Marionette Assad

Donald Trump strebt einen korrupten Ukraine-„Deal“ mit seinem autokratischen Vorbild Putin an und liefert dem Kreml damit die Vorlage, den Westen noch tiefer zu spalten und die westliche Unterstützung für die Ukraine  weiter zu unterminieren. Doch statt selbst entschlossen zu handeln, starrt Europa wie das Kaninchen vor der Schlange darauf, was die USA unter Trumps zweiter Präsidentschaft wohl tatsächlich anstellen werden.

Die Zurückhaltung gegenüber dem völkermörderischen Aggressor, mit der das westliche Europa seine fehlende Bereitschaft zur Vereidigung der Freiheit demonstriert, führt in der Konsequenz zu  Auflösungserscheinungen innerhalb der EU selbst. Aktuell konnte gerade noch, zumindest fürs Erste, verhindert werden, dass Rumänien umkippt und sich nach Ungarn und der Slowakei in den nächsten Vorposten des Kreml innerhalb der EU verwandelt. 

Dabei zeigt der überraschende, blitzartige Zusammenbruch des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien, dass das russische globale Kriegsnetzwerk alles andere als unverwundbar ist. Israels Offensive im Libanon hat die Hisbollah und damit zugleich den Iran derartig geschwächt, dass diese Hauptstützen der syrischen Diktaturen wegbrachen. Und auch Russland, das mit jahrelangen Terrorbombardements gegen die syrische Zivilbevölkerung seine Marionette Assad an der Macht gehalten hat, zeigte sich nun unfähig, seine Herrschaft zu retten. Dieses Fiasko der Gewaltpolitik des Kreml müsste dem Westen klar machen, dass spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, den militärischen Druck auf den russischen Aggressor in der Ukraine massiv zu erhöhen

Kriegsachse CRINK

Viel zu schwach fällt bisher auch die Reaktion des Westens auf  die Entsendung nordkoreanischer Truppen zur Unterstützung des russischen Aggressors in die Ukraine aus. Dieser Schritt hat endgültig deutlich gemacht, dass Russland seinen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine nicht als einen nur „regionalen“ Feldzug zur Eroberung ukrainischer Gebiete, sondern als die Auftaktschlacht seines globalen Kriegs gegen die gesamte demokratische Welt betrachtet. Und mit dem Eintritt Nordkoreas in einen Krieg auf dem europäischen Kontinent ist die Konfliktlage in Asien nun unmittelbar mit der in Europa verknüpft.

Denn dieses Eingreifen ist Teil der Kriegsvorbereitungen des totalitären nordkoreanischen Horrorstaats, die sein Diktator Kim Jong-un mit bedrohlicher Intensität vorantreibt. Es wäre das ultimative Albtraumszenario, würde China Taiwan angreifen und das nordkoreanische Regime die Gelegenheit nutzen, um im Windschatten dieser Aggression Südkorea überfallen. Vieles spricht dafür, dass genau dies der Plan der antiwestlichen Kriegsachse China-Russland-Iran-Nordkorea ist, die neuerdings auch unter dem Kürzel „CRINK“ bekannt ist.

Begreifen die westlichen Demokratien nicht endlich, dass sie sich faktisch bereits in einem Weltkrieg gegen die globale autokratische Barbarei befinden, und dass es nicht mehr die Option gibt, ihn zu vermeiden, sondern nur noch die, ihn zu gewinnen, werden sie untergehen.

Lesen Sie dazu auch: Syrien, Afghanistan: Gegen die Aufwertung von Terrorstaaten!

Über den Autor

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

von Richard Herzinger

Richard Herzinger

Dr. Richard Herzinger, geboren 1955 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet als Publizist in Berlin. Als Autor, Redakteur und politischer Korrespondent war er für "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel", die Züricher "Weltwoche" und zuletzt fast 15 Jahre lang für "Die Welt" und "Welt am Sonntag" tätig. Bereits vor 25 Jahren warnte er in seinem gemeinsam mit Hannes Stein verfassten Buch "Endzeitpropheten oder die Offensive der Antiwestler" vor dem Wiederaufstieg autoritärer und totalitärer Mächte und Ideologien. Er schreibt für zahlreiche deutsche und internationale Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem eine zweiwöchentliche Kolumne für das ukrainische Magazin Український Тиждень (Ukrainische Woche; tyzhden.ua).

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